Im zugrunde liegenden Fall forderte eine Mieterin die Rückerstattung der von ihr geleisteten Wohnungsmiete. Der Grund: Bei den Vermietern handelte es sich um die eigenen Adoptiveltern, die der Frau den Umgang mit ihrem neuen Lebensgefährten in den eigenen vier Wänden durch Abgabe des Wohnungsschlüssels verbieten wollten. Die Eltern gaben an, kontrollieren zu wollen, "was sich in der Wohnung abspielt", da sie dem Lebensgefährten der Frau nicht trauten und fürchteten, er könne sich unberechtigten Zutritt zu der Wohnung verschaffen.
Der Schlüssel sollte fortan an einem Schlüsselbrett in der elterlichen Wohnung aufbewahrt werden und jeweils dort von der Tochter abgeholt werden. Die Tochter gab den Schlüssel ab, verlangte aber schließlich für den Zeitraum, in der sie die Wohnung durch diesen Umstand nicht mehr uneingeschränkt nutzen konnte, die gezahlte Miete zurück.
Das Landgericht stellte fest, dass die Frau die Miete habe mindern können. Dass die Eltern den Schlüssel zur Mietwohnung herausverlangten, weil sie dem Lebensgefährten keinen Zutritt zur Wohnung gewähren wollten, stelle einen Mietmangel gemäß § 537 Abs. 1 BGB dar.
Nach Auffassung des Landesgericht Gießen verletzen die Eltern mit Ihrer Maßnahme das Gebrauchsrecht ihrer Tochter an der Wohnung (§§ 535, 536 BGB). Zum Kernbereich des Nutzungsrechts einer Wohnung gehöre auch das Besuchsrecht, nachdem der Mieter nach eigenem Belieben Besuch empfangen dürfe, solange dadurch kein anderer Hausbewohner belästigt würde. Kontrollvorbehalte des Vermieters seien unzulässig. Auch die familiäre Beziehung zu der Mieterin ändere an diesem Umstand nichts.
Die Verletzung des Gebrauchsrechts sei vom Fehlerbegriff des Mietrechts umfasst, stellte das Gericht weiter fest. Durch den Verlust des Schlüssels und den gemachten Erlaubnis- und Kontrollvorbehalt sei die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben gewesen.
Die Wohnung sei für die Mieterin praktisch wertlos gewesen, weil sie diese nur ohne ihren Lebensgefährten habe benutzen können. Nachdem das Besuchsrecht zum Kernbereich des Nutzungsrechts an der Wohnung gehöre, und zum Lebensgefährten eine enge emotionale Bindung bestehe, erscheine es angemessen eine Aufhebung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch um damit eine kraft Gesetzes eintretende Herabsetzung des Mietzinses auf Null anzunehmen.
Da die Frau die Miete für die streitgegenständlichen Monate auf Null mindern konnte, könne sie die bereits gezahlte Miete von ihren Adoptiveltern zurückverlangen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.11.2011
Quelle: ra-online, Landgericht Gießen (vt/st)