Dokument-Nr. 1172
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Landgericht Frankfurt am Main Urteil15.12.2004
Firma haftet für die Internet-Bestellung durch einen Minderjährigen
Eine Firma, deren Geschäftsführerin es nicht verhindert, dass ihr minderjährigen Sohn unter der E-Mail-Adresse und der der Firma zugewiesenen Kundennummer eine Online-Bestellung vornimmt, hat für die Bestellung aufzukommen.
Die Beklagte bestellte online unter Verwendung des Absenders „m.@.-“ zunächst Mitte November 2003 zwei und später fünf Handys bei der Klägerin, die sie auch bezahlte. Nach der ersten Bestellung erhielt die Beklagte eine Kundennummer bei der Klägerin, unter der sie weitere Bestellungen tätigen konnte. Die Email-Adresse „m.@.-“ ist die des 13-jährigen Sohnes der Geschäftsführerin der Beklagten.
Unter Verwendung der Email-Adresse „m.@.-“ und der der Beklagten zugewiesenen Kundennummer ging bei der Klägerin am 04.12.2003 die Online-Bestellung für drei Partien Handys im Umfang von je 20 Stück im Gesamtwert von € 30.461,60 ein, die die Beklagte nicht bezahlte.
Die Beklagte hat sich im Prozess damit verteidigt, die Bestellungen der nicht bezahlten Handys seien von dem minderjährigen Sohn M. der Geschäftsführerin der Beklagten ohne deren Einwilligung getätigt worden und würden von dieser nicht genehmigt. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine der Beklagten zurechenbare Willenserklärung in Form eines Anbots zum Abschluß eines Kaufvertrages über 60 Handys vorlag, weil der Sohn der Geschäftsführerin mit Duldungsvollmacht handelte.
Die Kammer führt in ihrer Entscheidung hierzu aus:
Erläuterungen
„...Unbeachtlich ist, daß die Onlinebestellung nicht von dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten erfolgte, sondern von einem Dritten, dem Sohn der Geschäftsführerin. Grundsätzlich ist eine Willenserklärung eines Vertreters für den Vertretenen nur dann bindend, wenn der Vertreter Vertretungsmacht hatte. Allerdings kommt es hier nicht darauf an, ob der Sohn der Geschäftsführerin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausdrücklich erteilte Vertretungsmacht hatte. Der Sohn der Geschäftsführerin der Beklagten hatte zumindest eine Duldungsvollmacht. Die Duldungsvollmacht ist ein anerkanntes Rechtsinstitut, das auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes basiert (BGH, Urteil vom 24.01.1991 - IX ZR 121/90 -, veröffentlicht z.B. in NJW 1991, 1225). Sie greift dann ein, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen läßt, daß ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses bewußte Dulden nach Treu und Glauben so versteht und verstehen darf, daß der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH, Urteil vom 20.04.2004 - XI ZR 164/03 -, veröffentlicht z.B. in NJW 2004, 2745, 2746 f. mwN).Ein Wille zur Bevollmächtigung ist nicht notwendig (Palandt/Heinrichs, BGB, 63.Aufl., § 173 Rdnr. 11). Die Beklagte hat einen derartigen Vertrauenstatbestand geschaffen, da ihre Geschäftsführerin von den Bestellungen ihres Sohnes im Namen der Beklagten wußte. Sie hat nichts unternommen, um diese zu verhindern. Das ergibt sich zum einen aus den beiden, dem streitgegenständlichen Vertrag vorangegangenen Geschäften, bei denen der Sohn M. derjenige war, der die Bestellung online aufgab, das Geschäft dann aber von der Beklagten erfüllt wurde. Das ergibt sich weiter aus der Aussage des Zeugen B. über den Inhalt der Telefongespräche im Dezember 2003. Daraus wird ersichtlich, daß die Geschäftsführerin über den Umfang der Bestellung schon Kenntnis hatte oder spätestens nach dem Telefongespräch erlangt hatte… …Bei der Klägerin durfte nach den Umständen des Falles ein entsprechender Vertrauenstatbestand entstehen. Sie hat gutgläubig darauf vertraut, daß die Bestellung mit Vertretungsmacht der Beklagten erfolgte. Die Klägerin durfte auch darauf vertrauen, denn sie hat sich in den Telefongesprächen ihres Sachbearbeiters mit der Geschäftsführerin der Beklagten noch einmal diesbezüglich vergewissert.“
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.11.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 06/05 des LG Frankfurt/Main v. 08.03.2005
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