Dokument-Nr. 1820
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Landgericht Frankfurt am Main Urteil25.01.2006
Keine Haftung des Vorstandes einer Bank für Verluste aus Zinsderivatgeschäften
Der Vorstand einer Hypothekenbank haftet der Bank gegenüber nicht für Verluste aus Zinsderivatgeschäften. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden.
Die klagende Hypothekenbank macht Schadensersatzansprüche wegen Verlusten aus Zinsderivatgeschäften gegenüber ihrem ehemaligen Vorstand, für den eine so genannte D & O-Versicherung abgeschlossen worden war, geltend. Obwohl der Abschluss solcher Zinsderivatgeschäfte in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch die einschlägigen Vorschriften des Hypothekenbankgesetzes gedeckt war, muss der ehemalige Vorstand für die daraus resultierenden Verluste nicht haften. Dies deshalb, weil offensichtlich nicht nur alle anderen Hypothekenbanken auch solche Geschäfte abgeschlossen haben, sondern weil die staatliche Aufsichtsbehörde die Durchführung solcher Geschäfte gebilligt hat. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber inzwischen reagiert und solche Zinsderivatgeschäfte durch eine Gesetzesänderung auch für Hypothekenbanken ausdrücklich erlaubt. Angesichts dessen ist nach Auffassung der 9. Kammer für Handelssachen eine Haftung des Vorstandes nicht begründet. Sie hat deshalb die Klage der Bank abgewiesen.
Die Kammer führt in ihrer Entscheidung aus:
Erläuterungen
„.Ohnehin geht aber auch die Klägerin davon aus, dass grundsätzlich Zinsderivatgeschäfte in diesem Zeitraum als Hilfsgeschäfte abgeschlossen werden durften. Zur Begründung dieser Auffassung stützen sich beide Parteien auf das Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BAKred) vom 01.01.1990 (Anlage K 22). Darin führte das BAKred aus, dass Zinsderivatgeschäfte jedenfalls als sog. Hilfsgeschäfte zur Schließung oder Verminderung offener Positionen der Hauptgeschäfte zulässig seien. … … Zum anderen hat aber auch die hiervon abweichende Handhabung der Derivatgeschäfte zur Ergebnissteuerung durch die Hypothekenbanken im Allgemeinen und der Beklagten im Besonderen die Billigung des BAKred erfahren. Denn selbst mit dem Schreiben des BAKred vom 07.12.2000 (Anlage K 21), in dem dieses dem Verband deutscher Hypothekenbanken mitgeteilt hat, dass es festgestellt habe, dass zunehmend über das für Hypothekenbanken vertretbare Maß hinausgehende Zinsänderungsrisiken eingegangen worden seien, hat das BAKred nicht gefordert, dass dies unverzüglich abgestellt werden soll, sondern nur eine erweiterte Berichtspflicht angeordnet. …. Gleichzeitig wurde aber die wohl herrschende Praxis der Hypothekenbanken, Derivatgeschäfte nicht nur zur Schließung oder Verminderung offener Positionen im Hauptgeschäft einzusetzen, gebilligt. Wenn aber schon die Aufsichtsbehörde diese Handhabung der Hypothekenbanken offensichtlich für zulässig erachtet hat, kann dem jeweiligen Vorstand keine Pflichtverletzung (§ 93 Abs. 2 AktG) vorgeworfen werden. In diesem Zusammenhang muss schließlich auch berücksichtigt werden, dass ohnehin im Jahre 2000 Gespräche zwischen dem VdH, dem BAKred und dem BMF über die Änderung des § 5 HypBkG stattgefunden haben, die schließlich dann auch zu dessen vom 01.07.2002 bis zum 01.07.2005 geltenden Fassung, ohne einschränkende Nutzbarkeit von Derivatgeschäften, führte.“Darüber hinaus hat die 9. Kammer für Handelssachen aber auch darauf hingewiesen, dass eine Schadensersatzpflicht des Vorstandes auch daran scheitert, dass die Klägerin den geltend gemachten Schaden nicht in der von ihr gewählten Form berechnen kann.
„..Denn angesichts der Tatsache, dass die Beklagten jedenfalls auch nach Auffassung der Klägerin in der Bandbreite der Vorgaben des BAKred in dessen Schreiben vom 01.10.1990 berechtigt waren, Derivatgeschäfte zu tätigen, ist es nicht zulässig, sich die Geschäfte heraussuchen, die schlecht gelaufen sind, und hierfür Schadensersatz zu begehren und sich den Ertrag der gut Gelaufenen gutschreiben zu lassen. Vielmehr müsste zur Feststellung des behaupteten Schadens der Saldo aus allen getätigten und aufgelösten bzw. beendeten Derivatgeschäften gebildet werden und nur wenn dieser negativ wäre, käme ein Schadensersatzanspruch in dieser Höhe in Betracht. Die Beklagten müssten so behandelt werden, wie ein Angestellter, der für die Rechnung des Arbeitgeber spekuliert und teils gewinnt und teils verliert. Dann kann auch nur der Saldo als Schaden herangezogen werden, nicht das einzelne Geschäft (Soergel-Mertens, BGB, vor § 249, Rz. 233).“
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.03.2006
Quelle: Pressemitteilung Nr. 01/06 des LG Frankfurt am Main vom 25.01.2006
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