15.11.2024
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Dokument-Nr. 2023

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Landgericht Frankfurt am Main Urteil01.09.1999

Zur Zulässigkeit von Berufungen bei Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör

Hat das Amtsgericht das Recht einer Partei auf rechtliches Gehör verletzt, so kann gegen das ergangene Urteil auch dann Berufung eingelegt werden, wenn die Berufungssumme nicht erreicht wird, die Berufung also eigentlich unzulässig ist.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat insoweit die Konsequenz aus der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts gezogen und sich inhaltlich mit der Berufung befaßt.

Im Urteil heißt es dazu:

Erläuterungen
"Die Berufung ist zulässig, obwohl die in § 511 a Abs. 1 ZPO geregelte Berufungssumme [von mehr als DM 1.500,00] nicht erreicht ist.

Die Kammer folgt der Auffassung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, derzufolge eine Berufung auch dann, wenn die Berufungssumme nicht erreicht wird, zulässig ist, wenn im Verfahren vor dem Amtsgericht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen wurde. Für eine solche Analogie spricht, daß anderenfalls Verfas­sungs­be­schwerde eingelegt werden müßte, diese aber als subsidiärer Rechtsbehelf ausgestaltet ist. Ein solcher Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs liegt hier vor.

Das Amtsgericht hat das schriftliche Verfahren angeordnet, ohne eine Frist, bis zu der Schriftsätze eingereicht werden konnten, oder einen Verkün­dungs­termin zu bestimmen. Bei einer solchen Verfahrensweise war es geboten, der Klägerin, der die Klageerwiderung mitgeteilt wurde, eine Frist zu setzen, innerhalb deren sie replizieren konnte und vor deren Ablauf nicht entschieden würde. Eine solche Frist ist hier vom Richter zwar angeordnet worden, der Klägerin wegen eines Versehens der zuständigen Justi­z­an­ge­stellten aber nicht mitgeteilt worden."

Die Berufung der Klägerin, einer ärztlichen Abrech­nungs­stelle, gegen eine Kiefer­or­thopädin auf Rückzahlung von Rechnungs­be­trägen in Höhe von DM 922,18, die bei deren Patienten nicht hatten beigetrieben werden können, hatte Erfolg. Dem lag zwar ein nach der neueren Rechtsprechung nichtiger Vertrag zwischen den Parteien zugrunde. Das Gericht folgte aber der allgemeinen Auffassung, derzufolge eine solche Rückforderung nur bei Kenntnis des Leistenden vom Gesetzesverstoß ausgeschlossen ist. Dazu heißt es im Urteil:

"Bis zum Bekanntwerden der Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs, derzufolge solche Verträge wegen des Verstoßes gegen § 203 StGB [Verbot der Verletzung von Privat­ge­heim­nissen] nichtig sind, ist es nicht als besonders leichtfertig anzusehen, wenn die Klägerin auf die Rechtmäßigkeit der allgemein verbreiteten Praxis vertraut hat. Die Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs erging am 10.07.1991 und wurde am 13.11.1991 veröffentlicht. Diejenigen Beträge, die die Klägerin hier zurückverlangt, hatte sie bis spätestens Oktober 1991 an die Beklagte ausgekehrt."

Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt vom 16.09.1999

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