Nach einem Autounfall beauftragte der Geschädigte – wie allgemein üblich – die beklagten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Schäden an seinem Fahrzeug. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß an dem Fahrzeug ein wirtschaftlicher Totalschaden vorlag. Nach den Feststellungen der beklagten Sachverständigen sollte der mittlere Restwert des Fahrzeugs bei € 2.500,00 liegen. Nachdem die klagende Versicherung das Gutachten erhalten hatte, nahm sie eine Internet-Recherche vor. Die sich daraus ergebenden fünf höchsten Restwertangebote lagen zwischen € 3.460,00 und € 4.200,00. Da der Geschädigte sein Fahrzeug aber bereits zu dem niedrigeren Restwert verkauft hatte, verklagte die Versicherung die Sachverständigen auf Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrages € 1.330,00 mit der Begründung, dass der Restwert des verunfallten Fahrzeugs ausgehend von ihrer Internet-Recherche mindestens bei € 3.830,00 gelegen hätte, so dass die Sachverständigen ihr die Differenz zu dem von ihnen angegebenen Wert als Schadensersatz schuldeten.
Die 16. Zivilkammer ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Sie ist der Auffassung, dass es ausreicht, dass die beklagten Sachverständigen bei fünf örtlichen Ankäufern Angebote eingeholt hätten. Eine Recherche im Internet zur Ermittlung des Restwertes hätten sie nicht vornehmen müssen.
Die Kammer führt in ihrer Entscheidung hierzu aus:
Erläuterungen
„...Der BGH hat mehrfach und zuletzt im Urteil vom 7. Dezember 2004 (VI ZR 119/04, NJW 2005, 357) betont, daß der Geschädigte berechtigt ist, sein Fahrzeug auf dem ihm zur Verfügung stehenden allgemeinen Markt zu verwerten. Er ist insbesondere nicht verpflichtet, eigene Recherchen in Sondermärkten zu betreiben, also z.B. den Internet- Restwertbörsen.
...wenn der Geschädigte ohne Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht im Bereich des allgemeinen Marktes sein Fahrzeug verkaufen kann, kann und muß der Sachverständige diesen Markt als Hauptquelle für die Schätzgrundlagen nutzen (vgl. auch BGH, Urteil vom 6. April 1993, VI ZR 181/92, NJW 1993, 1849). Müsste nämlich der Sachverständige auch den Markt im Internet berücksichtigen, wird auch der Geschädigte entsprechend in seiner wirtschaftlichen Freiheit eingeschränkt, da er auf dem örtlichen Markt die Internet-Angebote kaum finden wird (OLG Köln, Urteil vom 11. Mai 2004, 22 U 190/03, NJW-RR 2005, 26). Damit wird auch seine Befugnis, das Fahrzeug auf dem ihm zugänglichen lokalen Markt zu veräußern, eingeschränkt, da er zu den Angeboten im Internet keinen bzw. nur erschwerten Zugang hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin sieht es die Kammer auch nicht als Aufgabe des Sachverständigen an, dem Geschädigten gegebenenfalls den Kontakt zu den im Internet vorhandenen Anbietern zu ermöglichen. Dieser soll nur – auf Basis der Rechtsprechung des BGH – den Wert des Fahrzeugs ermitteln, nicht aber bei der Realisierung dieses Werts behilflich sein...“
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.04.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 07/05 des LG Frankfurt/Main vom 19.04.2005