Landgericht Frankfurt am Main Urteil30.06.2023
Kein Versicherungsschutz für ein Krankenhaus wegen eingeschränkten Betriebes während der Corona-PandemieBetriebsschließungsversicherung haftet nicht für leerstehende Betten in Klinik während der Corona-Pandemie
Das Landgerichts Frankfurt am Main hat entschieden, dass einer Klinik keine Entschädigung gegen ihre Versicherung aus einer sog. Betriebsschließungsversicherung zusteht, wenn die Klinik ihre Leistungen aufgrund der „Fünften Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus“ der Hessischen Landesregierung einschränken musste.
Das klagende Krankenhaus hatte bei der beklagten Versicherung vor der Corona-Pandemie eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Nach den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen sollte es eine Entschädigung unter anderem dann erhalten, wenn es seinen Klinikbetrieb nach behördlicher Anordnung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes „zur Verhinderung der Verbreitung“ meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger teilweise schließt. Im März 2020 erließ die Hessische Landesregierung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes die Fünfte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus. Danach mussten bestimmte Krankenhäuser medizinische Eingriffe und Behandlungen aussetzen, wenn dafür keine dringende medizinische Notwendigkeit bestand. Außerdem waren bereits aufgenommene Patientinnen und Patienten vorerst wieder zu entlassen, sofern deren nicht notwendige Behandlung noch nicht begonnen hatte. Die klagende Klinik war von dieser Verordnung betroffen. Sie verlangte von ihrer Versicherung eine Entschädigung von rund 600.000 Euro. Bei dieser Klageforderung hatte die Klinik rund 1,7 Mio. Euro bereits abgezogen, die sie als staatliche Entschädigungszahlung aufgrund der Corona-Pandemie erhalten hatte.
Behandlungskapazitäten sollten erhöht werden
Das LG wies die Klage ab. Zwar handelt es sich bei COVID-19 um eine gefährliche Infektionskrankheit bzw. bei SARS- CoV-2 um einen gefährlichen Krankheitserreger im Sinne der Versicherungsbedingungen. Die angeordnete Aussetzung nicht notwendiger Behandlungen durch die Hessische Fünfte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus zielte aber nicht darauf ab, die Verbreitung des Virus zu verhindern. Sowohl die Ministerpräsidentinnen und Minister-präsidenten der Länder als auch der Bundesgesundheitsminister hätten seinerzeit kundgetan, dass wegen eines erwarteten steigenden Bedarfs an Intensiv- und Beatmungskapazitäten ausreichende Intensivbetten in Kliniken vorzuhalten und zu diesem Zweck planbare Eingriffe zu verschieben seien. In Hessen habe jedenfalls die Fünfte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus klar darauf abgezielt, in diesem Sinne Behandlungskapazitäten in Krankenhäusern zu schaffen. Dass mit der Einschränkung des Klinikbetriebes auch die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus verhindert oder verlangsamt wurde, sei nicht maßgeblich. „Denn die damit einhergehende Einschränkung von Kontakten war nicht das Ziel, sondern nur ein reiner Reflex der Maßnahme zur Erhöhung der Behandlungskapazitäten“, erläuterte die Kammer. Das Urteil ist nicht rechtskräftig
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.07.2023
Quelle: Landgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)