15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 2477

Drucken
ergänzende Informationen

Landgericht Frankfurt am Main Urteil01.06.2006

"Passionierter Schläger" ist üble NachredeFormulierung des Magazins "Focus" "er galt bei der sog. Putzgruppe, der er angehörte, als passionierter Schläger" stellt eine unter­las­sungs­pflichtige, üble Nachrede dar

Auch ein an der außer­pa­r­la­men­ta­rischen Bewegung in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aktiv Beteiligter, der von sich selbst gesagt hat, dass er jemand war, der bereit gewesen sei, für seine politische Meinung tatkräftig einzustehen, darf in einer Zeitschrift nicht als passionierter Schläger bezeichnet werden. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden.

Der Kläger macht Unterlassungs- und Geldent­schä­di­gungs­ansprüche wegen Persön­lich­keitsund Ehrverletzung geltend. Die Beklagte ist Herausgeberin eines bundesweit erscheinenden Magazins. In einem Heft des Jahres 2002 erschien in diesem Magazin unter dem Titel „Tag der Veteranen“ ein ganzseitiger Bericht anlässlich der Beerdigung des verstorbenen Kabarettisten Matthias Beltz. Im Rahmen dieses Artikels wurde der Kläger bei seiner Teilnahme an der Beerdigung abgebildet mit dem darunter befindlichen Text „R. S. – Fischers (gemeint ist der ehemalige Bundes­au­ßen­mi­nister) engster Freund und mehrfacher Trauzeuge galt bei der sog. Putzgruppe, der er angehörte, als passionierter Schläger.“

Die Kammer hat diese Äußerung als eine üble Nachrede (§ 186 StGB) angesehen und dem Unter­las­sungs­an­spruch des Klägers stattgegeben, weil es der Beklagten nicht gelungen sei, den Wahrheitsbeweis für die zugrunde liegenden Tatsa­chen­be­haup­tungen zu führen. Ein Geldent­schä­di­gungs­an­spruch wurde allerdings verneint.

Die Kammer führt in ihrer Entscheidung aus:

Erläuterungen
„Eine üble Nachrede gem. § 186 StGB ist dann gegeben, wenn in Bezug auf eine andere Person Tatsachen behauptet oder verbreitet werden, die geeignet sind, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Tatsa­chen­be­hauptung. Eine Tatsa­chen­be­hauptung ist dann anzunehmen, wenn es sich um eine Äußerung über Tatbestände oder Vorgänge handelt, die Anspruch auf Wirklich­keit­streue erheben und auf ihre Richtigkeit hin objektiv mit den Mitteln der Beweiserhebung überprüfbar sind. Ob der Kläger den Ruf eines passionierten Schlägers in der „Putzgruppe“ genoss, ist mit Mitteln der Beweiserhebung objektiv nachprüfbar.

(…) Unter einem passionierten Schläger wird eine Person verstanden, die mit Leidenschaft sich häufig - mehr oder weniger grundlos – mit anderen schlägt. Wenn der Kläger so selbst in der „Putzgruppe“, also einer Personengruppe, die für „Randale“ sorgte, bezeichnet wird, versteht dies der Durch­schnittsleser dahingehend, dass die Beklagte damit behauptet, der Kläger sei in besonderem Maße, also mehr als die anderen Mitglieder, für grundlose Gewalt­tä­tig­keiten in der Gruppe bekannt gewesen.

(…) Der Beklagten obliegt im Falle einer behaupteten üblen Nachrede der Nachweis der Richtigkeit der verbreiteten Behauptung, sofern die Beklagte nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt hat. Dieser Nachweis ist der Beklagten nicht gelungen.“

Hinsichtlich des Geldent­schä­di­gungs­an­spruches führt die Kammer in ihrer Entscheidung aus:

„Der vom Kläger geltend gemachte Geldent­schä­di­gungs­an­spruch gem. § 823 I BGB i. V. m. Art. 1 und 2 GG ist jedoch unbegründet. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das Vorliegen einer schweren Persön­lich­keits­ver­letzung, schuldhaftes Handeln des Verletzers, Fehlen der Möglichkeit, die verursachte Beein­träch­tigung auf andere Weise zu befriedigen. (…)

Bei Abwägung der Umstände muss berücksichtigt werden, dass die Beklagte die von ihr zitierten Stellen nicht korrekt wiedergegeben hat und sie keinen Nachweis für ihre Behauptung führen konnte. (…) Auf der anderen Seite muss gesehen werden, dass weder der Kläger bildlich noch die streit­ge­gen­ständliche Berich­t­er­stattung in dem Bericht an sich besonders ins Auge fällt. Zwar ist das Wort „Schläger“ fett und kursiv gedruckt, fällt aber unter dem die Seite dominierenden Bild, bei dem Blickfang der ehemalige Außenminister Fischer ist, nicht so ins Auge.

Es ist weiter insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger sich aktiv an der damaligen politischen Bewegung beteiligt hat. So sagt der Kläger selbst von sich, dass er jemand war, der bereit war, für seine politische Meinung tatkräftig einzustehen. Das Gericht geht dabei auch davon aus, dass der Kläger durchaus an Demonstrationen und im Rahmen dieser Demonstrationen auch – von welcher Seite auch immer diese nun begonnen wurden – an Gewalt­tä­tig­keiten beteiligt war. Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass er bislang keine Körper­ver­letzung begangen habe, er nie wegen eines Körper­ver­let­zungs­delikts oder sonstigen Delikts angeklagt oder verurteilt worden sei. Seine Beteiligung an Straßen­schlachten hat der Kläger aber nicht bestritten und auch nicht, sich im Rahmen dieser ggf. zur Wehr gesetzt zu haben. Insofern muss berücksichtigt werden, dass zwar kein Nachweis vorliegt, dass der Kläger im Ruf stand ein passionierter Schläger zu sein, jedoch ist die aktive Teilnahme an Straßenkämpfen in einer gewissen Nähe dazu zu sehen.“

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 08/06 des LG Frankfurt am Main vom 01.06.2006

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil2477

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI