Dokument-Nr. 947
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Landgericht Coburg Entscheidung
Zur Schadensersatzpflicht wegen eines Fußtrittes gegen eine Autotür nach vorheriger Provokation durch den Autofahrer
Wer einen anderen so lange provoziert, bis der sich vergißt und tätlich wird, kann nicht anschließend vom „Mitstreiter“ die Bezahlung seines kompletten Schadens verlangen. Es trifft ihn vielmehr ein Mitverschulden. Folge: er bekommt nur einen Teil ersetzt.
Mit dieser Begründung erkannte das Landgericht Coburg in einem jüngst entschiedenen Fall einem Geschädigten nur die Hälfte der eingeklagten ca. 2.000.- DM Auto-Reparaturkosten zu. Der Pkw des Klägers war durch einen gezielten Tritt des Beklagten gegen die Beifahrertüre beschädigt worden. Der Beklagte behauptete, er sei zu seinem Verhalten provoziert worden und habe in einer Art Notwehr gehandelt, weil mit dem Auto wiederholt auf ihn zugefahren worden sei. Besonderheit des Falles: der geschädigte Autoeigentümer war gänzlich unbeteiligt – sein Sohn war nämlich mit dem Wagen unterwegs. Der aber stellte jegliche vorsätzliche Provokation in Abrede.
Doch sein „Leugnen“ entsprach nicht den Tatsachen, befand das Landgericht nach einer Beweisaufnahme. Die Zeugenaussagen hätten ergeben, dass der Sohn des Klägers auf eine Personengruppe, zu der auch der spätere Übeltäter gehörte, zugefahren und sie beleidigt habe. Dieses Verhalten sei vom Beklagten mit einer Ohrfeige quittiert worden. Trotzdem sei der so „Abgewatschte“ erneut auf seinen Gegenüber zugefahren – der Tritt gegen die Türe folgte auf dem Fuss.
Die Richter führten aus: Spätestens nach der Ohrfeige sei angezeigt gewesen, mit dem provokanten Verhalten aufzuhören. Der Fahrer habe jedoch weiter Öl ins Feuer gegossen und die Situation verschärft. Das begründe zwar keine Notwehr, habe den Beklagten aber herausgefordert und daher den Schaden mit verursacht. Und dieses Verhalten „seines“ Fahrers müsse sich der Autoeigentümer zurechnen lassen. Konsequenz: Halbe - Halbe.
Wer einem anderen seinen Pkw zur Verfügung stellt, trägt also nicht nur an vom Fahrer mitverschuldeten Verkehrsunfällen finanziell mit, sondern gegebenenfalls auch an anderem Fehlverhalten, das im Zusammenhang mit dem Fahrzeuggebrauch steht.
Zur Rechtslage:
Allgemein kann ein (Mit-)Verschulden des Geschädigten bei der Schadensentstehung dazu führen, dass ihm nicht der volle Schaden ersetzt wird. Die Gerichte bemessen dann regelmäßig den Anspruch nach dem jeweiligen Maß der beiderseitigen Verschuldens- oder Verursachungsbeiträge. War der Geschädigte nicht selbst an der Schadensentstehung beteiligt, so muss er sich in bestimmten Fällen dennoch das Verschulden Dritter zurechnen lassen. Das Landgericht bejahte im entschiedenen Fall eine derartige Zurechnung in Anlehnung an die unten zitierte Bestimmung des § 831 BGB. Derjenige, der einem anderen – der sich dann als unzuverlässig erweist - das Auto überlässt, könne nicht anders behandelt werden als jemand, der sich sog. Verrichtungsgehilfen bedient. Beispiele für „Verrichtungsgehilfen“: die Krankenschwester für den Krankenhausträger oder der Angestellte für seinen Arbeitgeber.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.03.2000
Quelle: Pressemitteilung Nr. 13 des LG Coburg vom 13.03.2000
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