Dokument-Nr. 680
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Landgericht Coburg Beschluss23.06.2005
Kann der Hausbesitzer verlangen, dass eine Gemeinde in unmittelbarer Nähe zu seinem Anwesen kein Sonnenwendfeuer abbrennt?
Ganz Bayern ist als Land von bodenständigen Traditionalisten berühmt. Ganz Bayern? Nein! Es finden sich auch unbeugsame Bajuwaren, die wider den (Traditions-) Stachel löcken. Doch ist ihr Widerstand in der Regel zwecklos, je älter und bedeutsamer der Brauch ist.
Hierauf weisen das Amtsgericht Kronach und das Landgericht Coburg in einem aktuellen Fall hin. Beide Gerichte lehnten den Antrag von zwei Grundbesitzern ab, die es ihrer Heimatgemeinde verbieten lassen wollten, auf dem Nachbargrundstück die Sonnenwendfeier abzuhalten. Das auf einer uralten Tradition beruhende Johannisfeuer sei als einmaliges jährliches Ereignis hinzunehmen.
Sachverhalt:
Von wegen Jubelstimmung zum Sommerbeginn. Mit Grausen erinnerten sich die beiden Hausbesitzer an den 24. Juni des letzten Jahres. Auf dem ihrem Anwesen gegenüberliegenden Grundstück begrüßte die Dorfgemeinschaft den Sommer mit einem traditionellen Sonnwendfeuer. Die zwei Anwohner fühlten sich aber nicht nur durch Rauch und Lärm in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt. Wegen des Asche- und Funkenflugs sahen sie auch ihr Anwesen erheblich gefährdet. Im Wege einer Eilentscheidung (einstweilige Verfügung) wollten sie der Kommune untersagen lassen, das geplante Johannisfeuer am 24. 06. abzubrennen.
Gerichtsentscheidung:
Vergebens. Das Amtsgericht Kronach und das Landgericht Coburg wiesen den Antrag zurück. Die klagenden Nachbarn hätten das Sonnenwendfeuer zu dulden. Es sei Ausdruck von Freude zum Sommeranfang, einer uralten vorchristlichen Tradition entspringend. Die Kirche habe das Feuer später mit der Gestalt von Johannes dem Täufer (24.06.) verknüpft. Dieses jährlich einmalige historische und kulturelle Ereignis sei von großer kommunaler Bedeutung. Das Interesse der Dorfgemeinschaft, die Johannisfeier samt Feuer durchzuführen, überwiege das nachbarschaftliche Schutzbedürfnis. Vorübergehende Unannehmlichkeiten wie Rauch und Lärm seien daher hinzunehmen. Zur Vorbeugung einer Brandgefahr stehe die Feuerwehr bereit.
Fazit:
Ein russisches Sprichwort sagt: Brauchtum ist älter und gilt mehr als Gesetz.
Instanzen:
Beschlüsse des Amtsgericht Kronach vom 14.06.2005, Az: 1 C 316/05, und des Landgerichts Coburg vom 23.06.2005, Az: 41 T 89/05; rechtskräftig
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.07.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 248 des LG Coburg vom 01.07.2005
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