14.11.2024
14.11.2024  
Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.

Dokument-Nr. 680

Drucken
Beschluss23.06.2005Landgericht Coburg41 T 89/05
ergänzende Informationen

Landgericht Coburg Beschluss23.06.2005

Kann der Hausbesitzer verlangen, dass eine Gemeinde in unmittelbarer Nähe zu seinem Anwesen kein Sonnenwendfeuer abbrennt?

Ganz Bayern ist als Land von bodenständigen Tradi­ti­o­na­listen berühmt. Ganz Bayern? Nein! Es finden sich auch unbeugsame Bajuwaren, die wider den (Traditions-) Stachel löcken. Doch ist ihr Widerstand in der Regel zwecklos, je älter und bedeutsamer der Brauch ist.

Hierauf weisen das Amtsgericht Kronach und das Landgericht Coburg in einem aktuellen Fall hin. Beide Gerichte lehnten den Antrag von zwei Grundbesitzern ab, die es ihrer Heimatgemeinde verbieten lassen wollten, auf dem Nachba­r­grundstück die Sonnenwendfeier abzuhalten. Das auf einer uralten Tradition beruhende Johannisfeuer sei als einmaliges jährliches Ereignis hinzunehmen.

Sachverhalt:

Von wegen Jubelstimmung zum Sommerbeginn. Mit Grausen erinnerten sich die beiden Hausbesitzer an den 24. Juni des letzten Jahres. Auf dem ihrem Anwesen gegen­über­lie­genden Grundstück begrüßte die Dorfge­mein­schaft den Sommer mit einem traditionellen Sonnwendfeuer. Die zwei Anwohner fühlten sich aber nicht nur durch Rauch und Lärm in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt. Wegen des Asche- und Funkenflugs sahen sie auch ihr Anwesen erheblich gefährdet. Im Wege einer Eilentscheidung (einstweilige Verfügung) wollten sie der Kommune untersagen lassen, das geplante Johannisfeuer am 24. 06. abzubrennen.

Gericht­s­ent­scheidung:

Vergebens. Das Amtsgericht Kronach und das Landgericht Coburg wiesen den Antrag zurück. Die klagenden Nachbarn hätten das Sonnenwendfeuer zu dulden. Es sei Ausdruck von Freude zum Sommeranfang, einer uralten vorchristlichen Tradition entspringend. Die Kirche habe das Feuer später mit der Gestalt von Johannes dem Täufer (24.06.) verknüpft. Dieses jährlich einmalige historische und kulturelle Ereignis sei von großer kommunaler Bedeutung. Das Interesse der Dorfge­mein­schaft, die Johannisfeier samt Feuer durchzuführen, überwiege das nachbar­schaftliche Schutzbedürfnis. Vorübergehende Unannehm­lich­keiten wie Rauch und Lärm seien daher hinzunehmen. Zur Vorbeugung einer Brandgefahr stehe die Feuerwehr bereit.

Fazit:

Ein russisches Sprichwort sagt: Brauchtum ist älter und gilt mehr als Gesetz.

Instanzen:

Beschlüsse des Amtsgericht Kronach vom 14.06.2005, Az: 1 C 316/05, und des Landgerichts Coburg vom 23.06.2005, Az: 41 T 89/05; rechtskräftig

Quelle: Pressemitteilung Nr. 248 des LG Coburg vom 01.07.2005

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss680

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI