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Landgericht Coburg Urteil01.02.2002

Rechts­schutz­ver­si­cherung muss betrogenem Anleger Deckungsschutz gewährenZum Umfang der sogenannten Bauri­si­ko­k­lausel in Rechts­schutz­ver­si­che­rungen

Der betrügerisch geschädigte Erwerber von Immobilienfonds kann die Rechts­schutz­ver­si­cherung in Anspruch nehmen, um gegen den Betrüger Schadensersatz einzuklagen. Derartige Fälle sind nicht durch die Versi­che­rungs­be­din­gungen „ARB 75“ (das „Kleingedruckte“) ausgeschlossen.

Das entschieden jetzt Amts- und Landgericht Coburg und verurteilten eine Rechts­schutz­ver­si­cherung, Deckungsschutz (also Übernahme der Prozesskosten) für eine Klage ihres Versicherten zu gewähren. Die betrügerische Schädigung von Anlegern unterfalle nicht der „Bauri­si­ko­k­lausel“ in Rechts­schutz­ver­si­che­rungen und sei daher nicht vom Versi­che­rungs­schutz ausgeschlossen.

Der klagende Versi­che­rungs­nehmer hatte für rund 16.000 € Anteile an einem Immobilienfonds erworben. Dabei war er aber „über den Tisch gezogen“ worden: das dem Fonds zugrunde liegende Bauprojekt war tatsächlich nicht durchführbar. Der Anteils­ver­käufer wurde deshalb auch zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Kläger wollte deshalb sein Geld per Zivilklage vom Betrüger zurück – und von seiner Versicherung Übernahme der Prozesskosten. Die verweigerte aber Deckungsschutz und verwies auf ihre Versi­che­rungs­be­din­gungen aus dem Jahr 1975. Nach denen liege kein Versi­che­rungsfall vor, weil alle Risiken in Zusammenhang mit Bausachen ausgeschlossen seien. Der Versi­che­rungs­nehmer musste daher zuerst einmal gegen seine Rechts­schutz­ver­si­cherung klagen.

Mit Erfolg. Sowohl Amts- als auch Landgericht Coburg entschieden, die Rechts­an­ge­le­genheit unterfalle nicht der sogenannten Bauri­si­ko­k­lausel in den Versi­che­rungs­be­din­gungen aus dem Jahr 1975. Erforderlich sei ein unmittelbarer Zusammenhang mit Planung oder Errichtung eines Gebäudes. Ein solcher sei zwar grundsätzlich auch bei Immobilienfonds gegeben und werde in der Rechtssprechung sogar für Fragen der Finanzierung derartiger Anteile bejaht. Im zu entscheidenden Fall habe sich aber nicht das typische Baurisiko, sondern das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, bei Geldanlagen einem Betrüger aufzusitzen.

Die Rechts­schutz­ver­si­cherung muss also zahlen – ob der Kläger sein angelegtes Kapital tatsächlich zurück bekommt, ist hingegen offen.

Erläuterungen

Zur Rechtslage:

Die Allgemeinen Bedingungen für die Rechts­schutz­ver­si­cherung (ARB) sind ein Unterfall der „Allgemeinen Vertrags­be­din­gungen“ (AGB). Sie werden bei praktisch jedem Versi­che­rungs­vertrag mitvereinbart. Ein genauer Blick in das Kleingedruckt ist dabei jedenfalls zu empfehlen. In der derzeit gültigen Fassung der maßgeblichen Bestimmung der ARB 94 sind die Haftungs­aus­schlüsse vor allem in § 3 ARB (von dessen Wiedergabe wegen des Umfanges der Klausel abgesehen wird) enthalten. Es finden sich darin z. B. Bausachen, Kartell- und Wettbe­wer­b­sachen, Spiel- und Wettverträge, Termin- und vergleichbare Speku­la­ti­o­ns­ge­schäfte oder Familien- und Erban­ge­le­gen­heiten.

Für viele Versi­che­rungs­verträge – auch den, der dem entschiedenen Fall zugrunde lag – gelten allerdings noch die ARB aus dem Jahr 1975. Die dort maßgebliche Klausel lautet:

§ 4 ARB 75 (Allgemeine Risiko­aus­schlüsse):

(1) Der Versi­che­rungs­schutz bezieht sich nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen

a) (...)

k) die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder geneh­mi­gungs­pflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versi­che­rungs­nehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles stehen;

(...)

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 19.02.2002

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