Das zeigt der Fall einer Fahrerin, die mit 1,74 ‰ Alkohol im Blut in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde. Mit jetzt rechtskräftigen Urteilen erkannten Amts- und Landgericht Coburg der Versicherung das Recht zu, ihre Schadensersatzleistungen an den Unfallgegner bis zu einem Betrag von 10.000.- DM von ihrer trunkenen Versicherten zurückzufordern. Ein Recht, von dem die Haftpflicht auch gleich in Höhe von ca. 2.900.- DM Gebrauch machte.
Die Alkoholsünderin wollte nach links in eine Vorfahrtstraße einbiegen. Von links kamen drei Pkw, die den Blinker nach rechts gesetzt hatten und in „ihre“ Straße einbiegen wollten. Also fuhr sie los – und kollidierte mit dem Unfallgegner, der die Rechtsabbieger gerade überholte und dabei die durchgezogene Mittellinie überfuhr. Die Kfz-Haftpflicht der Promillefahrerin schrieb ihr daraufhin, dass sie den Versicherungsschutz in Höhe von 10.000.- DM entziehe. Das wollte sie jedoch nicht hinnehmen. Ihrer Meinung nach hätte sie den Unfall auch nüchtern nicht vermeiden können. Sie klagte auf Feststellung, dass sie nach wie vor vollen Versicherungsschutz genieße.
Erfolglos, denn Amts- und Landgericht Coburg sahen die Sache genau so wie die Versicherung. Die Klägerin sei zum Unfallzeitpunkt absolut fahruntüchtig gewesen (zur Erklärung: absolute Fahruntüchtigkeit liegt jedenfalls ab 1,1‰ vor). Der sogenannte Beweis des ersten Anscheines spreche dafür, dass diese Menge Alkohol im Blut auch für den Zusammenstoß ursächlich gewesen sei. Mit anderen Worten: es sei davon auszugehen, dass die Klägerin in nüchternem Zustand das andere Auto nicht übersehen hätte. Das Gegenteil habe sie nicht bewiesen. Es spiele auch keine Rolle, dass der Unfallgegner überholt und dabei eine durchgezogene Mittellinie überfahren habe. Denn zum einen sei das kein untypisches Fahrverhalten und zum anderen erstrecke sich die Vorfahrt grundsätzlich auf die gesamte Straßenbreite.
Die Versicherung, die bis dato ca. 2.900.- DM an den Unfallgegner gezahlt hatte, bekam daher auf ihre Widerklage hin eben diesen Betrag zugesprochen. Auf dem eigenen Pkw-Schaden bleibt die trinkfreudige Fahrerin übrigens wohl ebenfalls sitzen.
Erläuterungen
Zur Rechtslage:
Die Regressmöglichkeit der Haftpflichtversicherung ergibt sich aus den regelmäßig mit in den Versicherungsvertrag einbezogenen „Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung“, kurz „AKB“ (dem „Kleingedruckten“). Wer unter Alkoholeinfluss einen Unfall (mit)verursacht, hat danach regelmäßig keinen Grund zum Feiern mehr. Zwar muss die Versicherung gegenüber dem Unfallgegner regulieren. Doch sie holt sich praktisch immer bis zu 10.000.- DM von ihrem Versicherungsnehmer zurück. Und dass der einmal beweisen kann, dass der Alkohol für die Unfallentstehung keine Rolle spielte, ist die absolute Ausnahme. Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit wird von den Gerichten schon bei Promillewerten weit unter 1,1 ‰ angenommen, wenn zusätzliche Umstände (z. B. auffällig unsichere Fahrweise) hinzutreten. Fazit: Don`t drink and drive!
Die maßgebliche Klausel lautet:
§ 2 b AKB [Einschränkungen des Versicherungsschutzes]:
(1) Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles:
Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei,
a) ...
e) in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, wenn der Fahrer infolge des Genusses alkoholischer oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.
Gegenüber dem Versicherungsnehmer, dem Halter oder dem Eigentümer befreit eine Obliegenheitsverletzung (...) den Versicherer nur dann von der Leistungspflicht, wenn der Versicherungsnehmer, der Halter oder der Eigentümer die Obliegenheitsverletzung selbst begangen oder schuldhaft ermöglicht hat.
(2) Bei Verletzung einer nach Abs. 1 vereinbarten Obliegenheit (...) ist der Rückgriff des Versicherers (...) gegen den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen bei jedem einzelnen Rückgriffsschuldner auf DM 10.000.- beschränkt. (...)