18.10.2024
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Landgericht Coburg Urteil

Erfordernis der unverzüglichen Mängelrüge bei Geschäften zwischen Kaufleuten

Zeit ist Geld, sagt der Volksmund. Und nicht nur der. Jedenfalls für Geschäftsleute vertreten auch Gesetzgeber und Gerichte diese Ansicht. Der Kaufmann, der Mängel einer Ware erfolgreich rügen will, hat sich damit ebenso zu beeilen wie der Kaufmann, der mit der beabsichtigten Vorgehensweise des Geschäfts­partners nicht einverstanden ist und diesen daran hindern will.

So wieder jüngst bestätigt in einem Berufungsurteil des Landgerichts Coburg. Die Richter stellten klar, dass gerade bei eilbedürftigen Geschäften, beispielsweise Baustellen mit bestimmten Fertig­stel­lungs­terminen, der Käufer von Waren diese binnen kurzer Zeit zu untersuchen und eventuelle Mängel beim Verkäufer zu rügen hat. Andernfalls kann er seine Ansprüche allein wegen verspäteter Anzeige verlieren.

Im entschiedenen Fall hatte ein Geschäftsmann in Italien produzierte Fliesen mit hoher Rutsch­fes­tigkeit für eine Terminbaustelle bei einer Fliesen­groß­händlerin bestellt. Geliefert wurde jedoch Bodenbelag einer niedrigeren Rutsch­fes­tig­keits­klasse. Und damit begann der Ärger. Der Besteller, dem die Zeit knapp wurde, wandte sich etwa sechs Stunden nach Erhalt der falschen Ware per Fax an seine Geschäfts­partnerin, da dort telefonisch kein zuständiger Sachbearbeiter zu erreichen war. In dem Fax kündigte er an, dass er die richtigen Fliesen in Italien für 2.500.- DM abholen lassen und die Kosten der Lieferantin in Rechnung stellen werde. Genau so ging er auch vor, als die Großhändlerin nicht auf das Fax reagierte. Er konnte dadurch den ihm gesetzten Fertig­stel­lungs­termin mit Mühe und Not einhalten und eine Vertragsstrafe vermeiden. Den Abzug von ihrer Rechnung wollte jedoch seine „Geschäfts­partnerin“ nicht hinnehmen und klagte den einbehaltenen Betrag ein. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, die Rüge sei verspätet erfolgt und sie selbst habe die richtigen Fliesen viel billiger und dennoch rechtzeitig beischaffen lassen können.

Das Landgericht Coburg gab aber dem Käufer recht. Auch angesichts des Umstandes, dass allen Beteiligten die Eilbe­dürf­tigkeit klar gewesen sei, seien Untersuchung der Fliesen und Rüge in der gebotenen Frist erfolgt. Der Käufer habe zudem nicht gegen seine Pflicht verstoßen, den Schaden möglichst gering zu halten. Selbst wenn nämlich die klagende Großhändlerin die richtigen Fliesen zu einem geringeren Preis habe herbeischaffen können, so hätte sie dies dem Beklagen unverzüglich mitteilen müssen. Dafür reiche - jedenfalls in eiligen Angelegenheiten - im Geschäfts­verkehr aber ein Antwortfax erst fast einen Tag später nicht aus.

Während also die beklagte Firma durch schnelles Handeln einen eigenen Schaden vermied, war die Klägerin zu langsam. Das zutreffende Schlusswort gebührt wieder dem Volksmund: Wer zu spät kommt ...

Erläuterungen
Anmerkungen zur Rechtslage

Bei Rechts­ge­schäften zwischen Kaufleuten trifft denjenigen, der eine Ware erhält, die Pflicht, diese unverzüglich auf etwaige Mängel zu überprüfen. Weiterhin muss er festgestellte Mängel unverzüglich beim Verkäufer rügen. Andernfalls verliert er alle Gewähr­leis­tungs­ansprüche (Anspruch auf Nachlieferung einer mangelfreien Sache, auf Minderung des Kaufpreises, auf Rückgän­gig­machung des Kaufes oder auf Schadensersatz). Was „unverzüglich“ ist, richtet sich zum einen nach der Art der Kaufsache (schnell verderblichen Waren wie z. B. Lebensmitteln kann bereits eine Rüge zwei Tage nach Ablieferung zu spät sein). Zum anderen spielt aber auch – wie im oben dargestellten Fall – eine wesentliche Rolle, ob das Rechtsgeschäft durch bestimmte Umstände besonders eilbedürftig wird.

Gesetzestext § 377 Handels­ge­setzbuch (HGB):

„Untersuchungs- und Rügepflicht“

(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen,

(2) Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

(3) Zeigt sich ein solcher Mangel, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; andernfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

(4) Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.

(...)

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 17.01.2000

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