15.11.2024
15.11.2024  
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Landgericht Coburg Urteil

Verlust des Versi­che­rungs­schutzes bei Mitfahrt mit einem führer­scheinlosen Fahrer

Wer sich darauf einlässt, sich von einem Fahrer ohne Führerschein chauffieren zu lassen, kann trotz schwerer Verletzungen nach einem Verkehrsunfall ohne Leistungen der Unfall­ver­si­cherung dastehen. Jedenfalls nur dann, wenn er sich bei der Fahrt selbst strafbar gemacht hat.

Weil er als Gehilfe des Haupttäters einzustufen war, unterlag ein junger Mann nunmehr auch in zweiter – und abschließender - Instanz mit seiner Klage gegen die Versicherung auf ca. 8.300.- DM an Genesungs- und Kranken­haus­ta­gegeld vor dem Landgericht Coburg. Die Versi­che­rungs­prämien für die Unfall­ver­si­cherung hatten sich damit nicht bezahlt gemacht.

Dabei ließen es die Richter für den Verlust des Versi­che­rungs­schutzes bereits genügen, dass der Kläger seinem – wie er wusste führer­scheinlosen - Fahrer vorgeschlagen hatte, die ursprüngliche Fahrtroute zu verändern. Dadurch habe er dem Täter psychische Beihilfe geleistet, diesen in seinem Tatentschluss bestärkt und auch Einfluss auf den Tatverlauf genommen. Die Versicherung verweigerte damit die Zahlung trotz erheblicher Verletzungen, die den jungen Mann zu zwei Monaten Kranken­haus­auf­enthalt zwangen, zu Recht, befand das Landgericht und bestätigte damit das Urteil des Amtsgerichts Kronach.

Der Kläger und sein Kompagnon hatten sich gegen Mitternacht zu einer Spritztour mit dem Pkw des Fahrers entschlossen, obwohl beide nicht über eine Fahrerlaubnis verfügten. Wie der Kläger wusste, war dem anderen der Führerschein einige Zeit zuvor abgenommen worden. Der Reiz des Fahrvergnügens war jedoch zu stark. Man beratschlagte kurz über die Fahrtroute, dann ging es – vorwiegend auf „Schleichwegen“ – los, wobei der Kläger „nur“ als Beifahrer mit von der Partie war. Als man schon wieder auf dem Nachhauseweg war, kam dem Kläger die Idee, man könne mit einem kleinen Umweg noch einen Kumpel abholen. Gesagt, getan. Zu dritt wurde die Fahrt fortgesetzt, bis schließlich der Fahrer kurz vor der Rückkehr zum Ausgangsort die Kontrolle über den Pkw verlor und das Auto gegen ein Gebäude setzte. Der Kläger wurde schwer verletzt und musste fast zwei Monate ins Krankenhaus. Doch aus Kranken­haus­ta­gegeld und Genesungsgeld wurde nichts, obwohl ein wirksamer Unfall­ver­si­che­rungs­vertrag bestand.

Zwar sei zutreffend, argumentierte das Gericht, dass das bloße Beifahren (also ohne selbst auf die Entscheidung des Fahrzeuglenkers, ohne Führerschein zu fahren, eingewirkt zu haben) keine strafrechtliche Konsequenz nach sich ziehe und deshalb auch den Versi­che­rungs­schutz nicht tangiere. Spätestens wenn der Beifahrer jedoch selber auf die Route Einfluss nehme, überschreite er die Grenze zur strafbaren Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis. Hierbei ließ das Landgericht es dahinstehen, ob bereits die Besprechung über die Fahrt vor deren Antritt genüge (was laut Amtsgericht Kronach der Fall ist). Jedenfalls die Einflussnahme während der Fahrt sei strafbar gewesen. Keine Rolle spiele dabei, dass der Kläger wegen der Beihilfe nicht strafrechtlich belangt worden war.

Erläuterungen
Zur Rechtslage

1) Die allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen in Unfall­ver­si­che­rungs­ver­trägen enthalten regelmäßig in § 2 Abs. 1 (2) AUB 88 folgende Klausel:

„Nicht unter den Versi­che­rungs­schutz fallen Unfälle, die dem Versicherten dadurch zustoßen, dass er vorsätzlich eine Straftat ausführt oder versucht.“

2) § 27 Abs. 1 StGB (Beihilfe) lautet:

„Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.“

3) § 21 Abs. 1 StVG (Fahren ohne Fahrerlaubnis) lautet:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Straf­ge­setz­buches oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder

2. als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Straf­ge­setz­buches oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.“

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 06.12.1999

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