21.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil

Beleidigung unter GeschwisternZur Frage, wann wegen einer Beleidigung unter Geschwistern Schmerzensgeld gefordert werden kann

Wenn es ums Erben geht, werden familiäre Bande nicht selten zerschnitten – und manch einem erscheinen dann nächste Anverwandte als „Familienbande“. Auch harsche Worte lassen oft nicht lange auf sich warten. Doch wer sich beispielsweise vom eigenen Bruder zu Unrecht als Dieb bezeichnet und deshalb beleidigt fühlt, kann nicht ohne weiteres ein Schmerzensgeld verlangen.

Unabhängig davon, ob der Diebstahl­s­vorwurf stimmt oder nicht: Ein Schmerzensgeld wegen Ehrverletzung setzt einen schwerwiegenden Eingriff in ein Persön­lich­keitsrecht voraus. Und ein solcher liegt nicht vor, wenn bei Streitigkeiten über die Aufteilung der Erbschaft einer dem anderen in Briefen vorwirft, er habe Sachen unberechtigt an sich genommen und damit gestohlen. Diese Ansicht des Amtsgerichts Kronach bestätigte nun auch das Landgericht Coburg: Nicht bei jeder Beleidigung gibt es Geld.

Die Klägerin, Schwester des Beklagten, hatte sich – als er abwesend war - aus seinem Haus einen Schrank geholt. Ihrem Vortrag nach berechtigt, weil der Bruder ihr das Möbel nach dem Tod der Mutter geschenkt habe. Als es wegen der Erbaus­ein­an­der­setzung zu Streitigkeiten kam, warf der Bruder ihr in zwei privaten Briefen und einem vom Rechtsanwalt verfassten Schreiben vor, sie habe den Schrank ohne seine Zustimmung und ohne sein Wissen mitgenommen. Ein Vorwurf, der nach Meinung der Klägerin nur mit einem Schmerzensgeld von 6.000.- DM wieder gut gemacht werden könne. Der Bruder wollte jedoch weder seine Behauptung zurücknehmen noch zahlen.

Das angerufene Amtsgericht Kronach wies die Klage der des Diebstahls bezichtigten Schwester ab. Zwar gebe es Verletzungen des Persön­lich­keits­rechtes, die ein Schmerzensgeld auslösen könnten. Erforderlich sei aber ein schwerwiegender Eingriff. Und im vorliegenden Fall sei diese Schwelle keinesfalls erreicht – egal, ob nun die Behauptungen von Schwester oder Bruder zuträfen. Die Behauptung sei nämlich nur in wenigen Fällen, lediglich schriftlich und auch nur gegenüber einem sehr begrenzten Personenkreis aufgestellt worden. Außerdem sei sie im Rahmen einer Erbstreitigkeit gefallen. Die Klägerin könne sich daher ausreichend Genugtuung verschaffen, indem sie von ihrem Bruder Widerruf und Unterlassung derartiger Behauptungen verlange – auch im Klagewege. Einer Geldzahlung bedürfe es hingegen nicht. Die mit dieser Entscheidung nicht einverstandene Klägerin wandte sich mit der Berufung an das zuständige Landgericht Coburg. Erst als dessen Richter in der mündlichen Verhandlung erklärten, sie sähen die Sache genauso wie das Amtsgericht, akzeptierte die Klägerin den Richterspruch.

Erläuterungen

Zur Rechtslage:

Die Ehre als Teil des Persön­lich­keits­rechtes ist ein Rechtsgut, bei dessen Verletzung die Gerichte gegebenenfalls Schmerzensgeld zusprechen. Wer über einen anderen ehrverletzende Tatsachen behauptet, muss daher entweder deren Richtigkeit beweisen können oder damit rechnen, dass er – möglicher Weise auch in erheblicher Höhe – zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt wird. Ob die Ehrverletzung so gravierend ist, dass sie einen Schmer­zens­geldan­spruch begründet, bestimmen die Gericht vor allem nach Bedeutung und Tragweite der Behauptung, Anlass und Beweggrund des Behauptenden und dem Grad seines Verschuldens.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Schaden­s­er­satz­pflicht]:

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

§ 847 BGB [Schmerzensgeld]:

(1) Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheits­ent­ziehung kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermö­gens­schaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen.

§ 186 Strafgesetzbuch (StGB) [Üble Nachrede]:

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (...) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 16.10.2000

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