21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.
ergänzende Informationen

Landgericht Coburg Urteil19.07.2005

Zu den Beratungs­pflichten einer Bank bei Ausland­s­an­leihenEmpfehlung spekulativer Wertpapiere verpflichtet zur Aufklärung von Risiken

Nicht jeder Geldanleger ist automatisch ein abgebrühter "Zocker". So mancher Bankkunde hält es durchaus für nerven­scho­nender, auf hohe Rendi­teer­war­tungen zugunsten der Sicherheit der Anlage zu verzichten. Darum ist es für jedes Geldhaus ein Muss, sich über Ziele und Risiko­be­reit­schaft des Anlegers zu informieren. Selbst­ver­ständlich hat das danach von der Bank empfohlene Anlageprodukt den Kundenwünschen Rechnung zu tragen. Verletzt das Bankhaus diese Erkundungs- und Aufklä­rungs­pflichten, macht es sich unter Umständen schaden­s­er­satz­pflichtig.

Das zeigen aktuelle Entscheidungen des Landgerichts Coburg und des Oberlan­des­gericht Bamberg. Beide Gerichte verurteilten eine Sparkasse, einer durch die Investition in Argentinien-Anleihen Baden gegangenen Kundin rund 53.000 € zu ersetzen gegen Rücknahme der "Wert"-Papiere. Nach Überzeugung der Richter hatten Bankangestellte die Anlegerin fehlerhaft beraten.

Eigentlich wollte die Klägerin mit dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Eigen­tums­wohnung vorzeitig Kreditschulden zurückzahlen. Da aber die Kreditanstalt hierfür eine Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung verlangte, beschloss sie, das Geld zunächst bei ihrer Hausbank zu parken. Die langjährige Kundin gab dem Bankmitarbeiter deshalb deutlich zu verstehen, dass der Geldbetrag sicher angelegt werden müsse. Der Berater empfahl ihr daraufhin, in Anleihen der Republik Argentinien zu investieren. Ihre Sorge nach der Sicherheit der Anlage zerstreute er mit der Frage, ob sie schon einmal gehört hätte, dass ein Staat pleite gehen könne. Allerdings verschwieg der Bankangestellte der Anlegerin die bereits bekannten Zahlungs­schwie­rig­keiten des latein­ame­ri­ka­nischen Staates und den hochspe­ku­lativen Charakter der Papiere. Ca. zwei Jahre nach der Investition, im Dezember 2001, stellte Argentinien wegen einer schweren Finanzkrise jegliche Zahlungen auf öffentliche Anleihen ein. Die entsetzte Klägerin warf der Sparkasse vor, sie unzureichend über das Verlustrisiko aufgeklärt zu haben. Das Geldinstitut weigerte sich jedoch, die praktisch wertlos gewordenen Papiere zurückzunehmen und der Kundin das investierte Geld zu erstatten.

Zu Unrecht, wie das Landgericht Coburg und das Oberlan­des­gericht Bamberg unisono befanden. Die Richter bejahten nämlich einen Verstoß der beklagten Sparkasse gegen § 31 des Wertpa­pier­han­dels­gesetz (Aufklärungs- und Beratungs­pflichten). Der Bankangestellte habe der Klägerin gegen ihre ausdrückliche Erklärung äußerst spekulative Wertpapiere vermittelt. Er habe außerdem auf mehrere in Bankenkreisen bekannte Fakten nicht hingewiesen: Die schon als notorisch zu bezeichnenden Zahlungs­probleme der Argentinischen Republik; die Abhängigkeit des Landes von der Unterstützung durch den Internationalen Währungsfonds; die Einstufung als nicht "sichere Anlage" durch einschlägige Ratingagenturen. Über diese Aufklä­rungs­pflichten habe sich der Mitarbeiter bewusst hinweggesetzt. Die Sparkasse müsse ihrer (wohl gewesenen) Kundin den erlittenen Verlust daher ersetzen.

Erläuterungen

Urteil des Landgerichts Coburg vom 19.7.2005, Az: 23 O 169/05

Beschlüsse des Oberlan­des­gericht Bamberg vom 2.6.2006 und 17.7.2006, Az: 5 U 246/05

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Coburg vom 04.08.2006

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