15.11.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 1416

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Landgericht Coburg Urteil

Zu den Auswirkungen der Alkoholisierung eines bei einem Verkehrsunfall verletzten Fußgängers auf seinen Anspruch gegen die eigene Unfall­ver­si­cherung

Nicht nur das Fahren unter Alkohol birgt erhebliche gesundheitliche und finanzielle Risiken. Auch wer betrunken beispielsweise von der Kneipe nach Hause geht, läuft Gefahr, verletzt zu werden und dann trotz schwerwiegender Verlet­zungs­folgen jedenfalls von der eigenen Unfall­ver­si­cherung keinen Pfennig zu sehen.

Diese Erfahrung musste nun ein Versicherter machen, der die Auszahlung der Unfall-Versi­che­rungssumme (rund 50.000.- DM) vor Gericht erstreiten wollte. Die Versicherung hatte jegliche Zahlung unter Hinweis auf eine erhebliche Alkoholisierung des Klägers (2,22 ‰) verweigert. Vor dem Landgericht Coburg einigte man sich dann auf 6.000.- DM – nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass der Klage nur bescheidene Erfolgs­aus­sichten zuzubilligen seien.

Der Kläger war zu Fuß unterwegs, als er innerorts von einem Auto angefahren und so schwer verletzt worden war, dass er Vollinvalide wurde. Die Polizei ließ unmittelbar nach dem Unfall sein Blut untersuchen. Ergebnis: 2,22 ‰. Dies nahm die Unfall­ver­si­cherung des Klägers (die 1973 abgeschlossen worden war) zum Anlass, unter Hinweis auf die Versi­che­rungs­be­din­gungen Zahlungen zu verweigern. Sie vertrat die Meinung, zu dem Unfall sei es jedenfalls auch aufgrund der Alkoholisierung gekommen. Dafür spreche zudem, dass sich der Zusammenstoß mitten auf der Fahrbahn ereignet habe und der Kläger laut Zeugen zuvor orien­tie­rungslos herumgeirrt sei. Der Kläger wiederum behauptete, der Promillewert sei unrichtig – so viel habe er vor dem Unfall gar nicht getrunken. Er gehe vielmehr davon aus, dass eine Infusion den Alkoholgehalt seines Blutes in die Höhe getrieben habe.

Die Parteien trafen sich vor dem Landgericht Coburg. Der dortige Richter wies darauf hin, dass die Prozess­si­tuation für den Kläger alles andere als günstig sei. Es deute nämlich viel darauf hin, dass er betrunken gewesen sei und den Unfall wesentlich mitverursacht habe. Nur wenn sich der durch Gerichts­me­diziner festgestellte Promillewert als unrichtig erweise, könne er mit der Klage durchdringen. Anderenfalls habe die Versicherung zu Recht Leistungen verweigert. In Anbetracht der langen Versi­che­rungsdauer empfehle er die Zahlung einer erheblich niedrigeren als der eingeklagten Summe.

Die Parteien verstanden den Hinweis: Der Kläger nahm das Vergleichs­angebot der Gegenseite (6.000.- DM) an.

Erläuterungen
Zur Rechtslage:

Bestandteil von Versicherungen werden praktisch immer auch die Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen („das Kleingedruckte“) für die jeweilige Versi­che­rungsart. Im Bereich der Unfall­ver­si­cherung sind darin unter anderem Unfälle vom Versi­che­rungs­schutz ausgenommen, die durch Bewusst­seins­s­tö­rungen wie z. B. Trunkenheit zumindest mitverursacht werden. Die Gerichte bewerten die maßgebliche Promillegrenze hierfür uneinheitlich, wobei in der Regel bei annähernd 2 %o von einer trunken­heits­be­dingten Bewusst­seins­s­törung ausgegangen wird – mit der Folge, dass die Unfall­ver­si­cherung ihrem Versi­che­rungs­nehmer nichts zahlen muss.

Die maßgebliche Klausel lautet:

§ 2 Allgemeine Unfall­ver­si­che­rungs­be­din­gungen (AUB) 1988/94 (für Versicherungen, die vor 1988 abgeschlossen wurden, enthalten die AUB 1961 eine vergleichbare Regelung):

[Ausschlüsse]

Nicht unter den Versi­che­rungs­schutz fallen:

I. (1) Unfälle durch Geistes- oder Bewusst­seins­s­tö­rungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper des Versicherten ergreifen. Versi­che­rungs­schutz besteht jedoch, wenn diese Störungen oder Anfälle durch ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis verursacht werden.

(...)

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 15.01.2001

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