Dokument-Nr. 1416
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Landgericht Coburg Urteil
Zu den Auswirkungen der Alkoholisierung eines bei einem Verkehrsunfall verletzten Fußgängers auf seinen Anspruch gegen die eigene Unfallversicherung
Nicht nur das Fahren unter Alkohol birgt erhebliche gesundheitliche und finanzielle Risiken. Auch wer betrunken beispielsweise von der Kneipe nach Hause geht, läuft Gefahr, verletzt zu werden und dann trotz schwerwiegender Verletzungsfolgen jedenfalls von der eigenen Unfallversicherung keinen Pfennig zu sehen.
Diese Erfahrung musste nun ein Versicherter machen, der die Auszahlung der Unfall-Versicherungssumme (rund 50.000.- DM) vor Gericht erstreiten wollte. Die Versicherung hatte jegliche Zahlung unter Hinweis auf eine erhebliche Alkoholisierung des Klägers (2,22 ‰) verweigert. Vor dem Landgericht Coburg einigte man sich dann auf 6.000.- DM – nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass der Klage nur bescheidene Erfolgsaussichten zuzubilligen seien.
Der Kläger war zu Fuß unterwegs, als er innerorts von einem Auto angefahren und so schwer verletzt worden war, dass er Vollinvalide wurde. Die Polizei ließ unmittelbar nach dem Unfall sein Blut untersuchen. Ergebnis: 2,22 ‰. Dies nahm die Unfallversicherung des Klägers (die 1973 abgeschlossen worden war) zum Anlass, unter Hinweis auf die Versicherungsbedingungen Zahlungen zu verweigern. Sie vertrat die Meinung, zu dem Unfall sei es jedenfalls auch aufgrund der Alkoholisierung gekommen. Dafür spreche zudem, dass sich der Zusammenstoß mitten auf der Fahrbahn ereignet habe und der Kläger laut Zeugen zuvor orientierungslos herumgeirrt sei. Der Kläger wiederum behauptete, der Promillewert sei unrichtig – so viel habe er vor dem Unfall gar nicht getrunken. Er gehe vielmehr davon aus, dass eine Infusion den Alkoholgehalt seines Blutes in die Höhe getrieben habe.
Die Parteien trafen sich vor dem Landgericht Coburg. Der dortige Richter wies darauf hin, dass die Prozesssituation für den Kläger alles andere als günstig sei. Es deute nämlich viel darauf hin, dass er betrunken gewesen sei und den Unfall wesentlich mitverursacht habe. Nur wenn sich der durch Gerichtsmediziner festgestellte Promillewert als unrichtig erweise, könne er mit der Klage durchdringen. Anderenfalls habe die Versicherung zu Recht Leistungen verweigert. In Anbetracht der langen Versicherungsdauer empfehle er die Zahlung einer erheblich niedrigeren als der eingeklagten Summe.
Die Parteien verstanden den Hinweis: Der Kläger nahm das Vergleichsangebot der Gegenseite (6.000.- DM) an.
Erläuterungen
Zur Rechtslage:Bestandteil von Versicherungen werden praktisch immer auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen („das Kleingedruckte“) für die jeweilige Versicherungsart. Im Bereich der Unfallversicherung sind darin unter anderem Unfälle vom Versicherungsschutz ausgenommen, die durch Bewusstseinsstörungen wie z. B. Trunkenheit zumindest mitverursacht werden. Die Gerichte bewerten die maßgebliche Promillegrenze hierfür uneinheitlich, wobei in der Regel bei annähernd 2 %o von einer trunkenheitsbedingten Bewusstseinsstörung ausgegangen wird – mit der Folge, dass die Unfallversicherung ihrem Versicherungsnehmer nichts zahlen muss.
Die maßgebliche Klausel lautet:
§ 2 Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB) 1988/94 (für Versicherungen, die vor 1988 abgeschlossen wurden, enthalten die AUB 1961 eine vergleichbare Regelung):
[Ausschlüsse]
Nicht unter den Versicherungsschutz fallen:
I. (1) Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper des Versicherten ergreifen. Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn diese Störungen oder Anfälle durch ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis verursacht werden.
(...)
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.01.2001
Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 15.01.2001
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