18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
ergänzende Informationen

Landgericht Coburg Urteil08.12.2000

Zur Räum- und Streupflicht des Hauseigentümers und möglichen Folgen der Pflicht­ver­letzung

Auch wenn er sich in der Vorweih­nachtszeit rar gemacht hat: daran, dass „Väterchen Frost“ auch im Winter 2000/2001 wieder aktiv werden wird, besteht kein Zweifel. Im Zusammenspiel mit „Frau Holle“ sorgt er dann aber nicht nur für frisches Weiß, sondern – quasi als Dreingabe – zusätzlich für Glätte. Für Hauseigentümer heißt das: Aufgepasst!

Denn die meisten Gemeinden haben die sogenannte „Räum- und Streupflicht“ für die Gehwege/Bürgersteige den „Anliegern“ und damit ihren Bürgern übertragen. Erfüllt der Hauseigentümer diese Pflicht nicht und kommt deswegen auf „seinem“ Abschnitt des Bürgersteigs jemand zu Schaden, werden Schadensersatz und Schmerzensgeld fällig. So geschehen einem Coburger Hauseigentümer, den das Landgericht Coburg verurteilte, knapp 16.000,- DM an einen wegen Glätte gestürzten Fußgänger zu bezahlen.

Sachverhalt:

Der klagende Fußgänger war morgens gegen 8.30 Uhr auf dem Bürgersteig unterwegs, der vor dem Haus des Beklagten vorbeiführt. Er stürzte und erlitt dabei schwerwiegende Verletzungen, die langwierige Behandlungen nach sich zogen. Der Kläger behauptete, er sei vor dem Anwesen des Beklagten wegen Glätte ausgerutscht. Da dieser nicht gestreut habe, müsse er ein Schmerzensgeld bezahlen und ihm außerdem knapp 1.000.- DM Arzt- und Kranken­haus­kosten ersetzen, die die Kranken­ver­si­cherung nicht übernommen habe. Der Beklagte hielt entgegen, der Sturz sei gerade noch vor dem Nachbaranwesen erfolgt. Im übrigen hätten seine Mieter Räumen und Streuen übernommen und den Bürgersteig auch stets ordnungsgemäß von Glätte befreit.

Gericht­s­ent­scheidung:

Ein Zeuge konnte jedoch – aus Sicht des Klägers glück­li­cherweise - bestätigen, dass sich der Unfall vor dem Haus des Beklagten ereignet hatte – und dass es an der entsprechenden Stelle spiegelglatt war. Des einen Glück, des anderen „Pech“: Aufgrund des Bewei­s­er­geb­nisses befand das Landgericht Coburg, der Beklagte habe gegen seine „Verkehrs­si­che­rungs­pflicht“ verstoßen. Es reiche nicht aus, dass Dritte wie z. B. Mieter aus Gefälligkeit üblicherweise räumten und streuten. Der Beklagte habe vielmehr zur Übertragung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht einen entsprechenden Vertrag mit seinen Mietern schließen und auch Vorkehrungen für den Fall treffen müssen, dass die Mieter z. B. wegen Urlaubs nicht für Eisfreiheit sorgen können. Ergebnis: der Beklagte habe den Sturz verschuldet. Er müsse deshalb die Arztkosten und ein Schmerzensgeld von 15.000.- DM bezahlen.

Fazit:

Der Beklagte seinerseits muss nun hoffen, dass seine Haftpflicht­ver­si­cherung ihn nicht im (Eis-)Regen stehen lässt.

Zur Rechtslage:

Die Haftung wegen Verletzung der „Verkehrs­si­che­rungs­pflicht“ beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder für diese verantwortlich ist, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen hat. Sie besteht nicht nur im Bereich von Bürgersteigen, sondern auf einer Vielzahl von weiteren Gebieten. Zwei Beispiele: Hauseigentümer haben vor allem in schneereichen Gegenden Vorkehrungen gegen den Abgang sogenannter Dachlawinen zu treffen. Oder: Der Betreiber eines Kaufhauses muss dafür Sorge tragen, dass nicht Waren auf Kunden herabfallen können.

Quelle: ra-online, Landgericht Coburg

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