18.10.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 2911

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Landgericht Coburg Urteil17.01.2006

Ohne krasse wirtschaftliche Überforderung keine Sitten­wid­rigkeit des KreditvertragesWer bürgt, haftet auch

Auch unter Familien­an­ge­hörigen gilt: Behandle Geldan­ge­le­gen­heiten nicht leichthin. Die Folgen können sonst kostspielig, ja manchmal sogar existenz­be­drohend sein. Und Vorsicht sollte man nicht nur walten lassen, bevor man für einen nahen Verwandten bürgt. Fataler könnte sich noch die Aufnahme eines Kredits anstelle des Angehörigen auswirken - insbesondere wenn das Eigenheim hierfür zur Absicherung herhalten muss. Denn gerät der Darlehensnehmer in finanzielle Turbulenzen und mit der Rückzahlung des Kredits in Rückstand, droht die zwangsweise Versteigerung des Grundbesitzes.

Das belegen jüngst ergangene Entscheidungen des Landgerichts Coburg und des Oberlan­des­ge­richts Bamberg. Eine betagte Geldborgerin hatte vergeblich versucht, einer Kreditanstalt untersagen zu lassen, die Zwangs­voll­streckung in ihr zur Sicherung eines Kredits belastetes Grundstück zu betreiben. Die Richter konnten sich der Auffassung der Klägerin nicht anschließen, der Darle­hens­vertrag sei in sittenwidriger Weise zustande gekommen.

Im Jahre 2001 wurde die Baufirma des Sohnes der Klägerin zum Sanierungsfall. Der Sprössling benötigte dringend eine Finanzspritze. Allerdings konnte er sich bei den Bankhäusern kein Geld mehr leihen, da seine Bonität mittlerweile arg gelitten hatte. So sprang seine alte Mutter in die Bresche. Sie nahm bei der Sparkasse ein Darlehen von 100.000 € auf und übergab das Geld ihrem Filius. Zur Absicherung der Anleihe belastete sie ihr Häusl mit einer gleichhohen Grundschuld. Gleichzeitig unterwarf sich die betagte Dame in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangs­voll­streckung in ihr Grundstück. Trotz des frischen Zuschusses konnte der Sohnemann sein Unternehmen nicht retten. Er war zudem nicht mehr in der Lage, den Kredit zurückzuführen - entsprechend einer internen Absprache zwischen ihm und seiner Mama. Auch letzterer war dies wegen ihrer bescheidenen Rente nicht möglich. Daraufhin kündigte das Kreditinstitut den Darle­hens­vertrag und betrieb die Zwangs­voll­streckung in den Grundbesitz der Frau. Hiergegen wehrte sie sich mit der eingeleiteten Vollstre­ckungs­ab­wehrklage, sah sie doch ihr selbst bewohntes Eigenheim in Gefahr. Sowohl der Kreditvertrag als auch die Grund­schuld­be­stellung seien sittenwidrig. Die Bank habe gewusst, dass ihre wirtschaft­lichen Verhältnisse nie eine Tilgung der Anleihe erlaubt hätten.

Es half alles nichts. Das Landgericht Coburg und das Oberlan­des­gericht Bamberg wiesen ihre Klage ab. Denn es fehle bereits an einer krassen wirtschaft­lichen Überforderung der Klägerin als Voraussetzung für eine Sitten­wid­rigkeit. Das wäre der Fall, wenn das beklagte Geldhaus sie unter Vorrang der eigenen wirtschaft­lichen Interessen in eine ausweglose Schuldenfalle getrieben hätte. Davon könne aber schon deshalb keine Rede sein, weil die alte Dame über wertvollen Grundbesitz und daher über Vermögen verfügt habe. Dass sie den erhaltenen Darlehensbetrag ihrem Sohn zur Sanierung seines Unternehmens gegeben habe, liege in ihrem Risikobereich.

Erläuterungen
Urteil des Landgerichts Coburg vom 17.1.2006, Az: 11 O 470/05

Beschlüsse des Oberlan­des­ge­richts Bamberg vom 7.6.2006 und 8.8.2006, Az: 6 U 8/06

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Coburg vom 25.08.2006

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