23.11.2024
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Dokument-Nr. 2154

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Landgericht Bremen Beschluss29.03.2006

Wer auf dem Marktplatz lautstark Reden hält, kann in Gewahrsam genommen werdenIngewahr­samnahmen des "Bremer Marktschreiers" rechtmäßig

Das Landgericht Bremen erklärte kurzzeitige Ingewahr­samnahmen des "Marktschreiers", der auf dem Bremer Marktplatz lautstark Reden hielt und mehrfach Passanten massiv belästigte, für rechtmäßig.

Der Betroffene fällt seit September 2005 dadurch auf, dass er lautstark auf dem Bremer Marktplatz Reden hält. Diese sind häufig verbunden mit Beschimpfungen und Pöbeleien gegen das vorbeikommende Publikum. Dabei nahm der Betroffene für sich in Anspruch, im Namen Gottes zu handeln, um die Gesellschaft auf Missstände aufmerksam zu machen. Seit Ende des Jahres 2005 war der Betroffene nahezu täglich auf dem Marktplatz aktiv. Am 20., 27., 28. und 29. Januar 2006 hatte er u.a. eine Personengruppe, die aus dem Schütting kam, als "Idioten, Diebe und Verbrecher" bezeichnet sowie mehrere Touris­ten­gruppen durch aggressiv verbales Verhalten so sehr gestört und teilweise verfolgt, dass sich diese Gruppen gezwungen sahen, Stadtführungen abzubrechen und den Bereich des Marktplatzes zu verlassen. An jenen Tagen verhängte die Polizei gegen den Betroffenen einen Platzverweis, dem der Betroffene nicht nachkam. Er wurde deshalb an den vier Tagen jeweils ca. 5 bis 8 Stunden in Polizei­ge­wahrsam genommen.

Nachdem das Amtsgericht Bremen die erfolgten Ingewahr­samnahmen bereits als rechtmäßig ansah, bestätigte die 10. Zivilkammer des Landgerichts Bremen im Beschwer­de­ver­fahren diese Entscheidungen. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass nach dem geltenden Polizei- und Ordnungsrecht die Polizei in den genannten Fällen einen Platzverweis verhängen und, nachdem der Betroffene dem Platzverweis nicht Folge leistete, ihn in Gewahrsam nehmen durfte. Der Betroffene habe mit seinem Geschrei gegen den Schutz der Allgemeinheit vor unzulässigem Lärm (§ 117 Abs. 1 OWiG, s.u.) verstoßen. Einen berechtigten Anlass dafür könne der Betroffene weder aus der Meinungs- noch aus der Religi­o­ns­freiheit ableiten. Daraus ergebe sich allenfalls, dass der Betroffene sich an das Publikum, das sich für seine Äußerungen interessiere, in angemessenem Ton unter Beachtung des Rechtes der persönlichen Ehre anderer wenden dürfe. Die Rechtsordnung gestatte aber nicht, dass der Betroffene Passanten massiv belästige und deren Ausweich­ver­suchen dadurch widerstehe, dass er als "mobile Lärmquelle" sogar ihre Verfolgung aufnehme.

Erläuterungen

§ 117 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungs­wid­rig­keiten (OWiG) lautet:

Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.

Quelle: Pressemitteilung des LG Bremen vom 31.03.2006

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