15.11.2024
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Dokument-Nr. 2305

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Landgericht Berlin Urteil24.04.2006

Hohe Jugendstrafen nach versuchtem Schwan­ger­schafts­abbruch durch Misshandlung

Das Landgerichts Berlin – Jugendkammer - hat die beiden Schüler Hassan El-Ch. (16 Jahre) und Ömer K. (15 Jahre) wegen gemein­schaftlich begangenen versuchten Schwan­ger­schafts­ab­bruchs sowie gefährlicher Körper­ver­letzung zu hohen Strafen verurteilt. Hassan El-Ch. erhielt eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, Ömer K. eine von drei Jahren. Beide Angeklagte befinden sich nach wie vor in Haft.

Zur Begründung des Urteils führte der Vorsitzende Richter am Landgericht Bernd Miczajka aus, die Angeklagten seien übereingekommen, das ungeborene Kind des Hassan El-Ch. zu töten. Am 3. Dezember 2005 habe El-Ch. daher unter einem Vorwand ein Treffen mit seiner früheren Freundin Angelina R. verabredet, die von ihm im 6. Monat schwanger war. Am Abend des Folgetages trafen sich die Angeklagten mit Angelina R. auf dem Schulhof einer Oberschule in Berlin-Moabit.

Nachdem El-Ch. die Schwangere zunächst in Sicherheit gewogen hatte, wurde sie zu Boden gerissen. Beide Angeklagte schlugen und traten dann auf das Opfer ein, insbesondere auf den Bauch und den Rücken, um das ungeborene Kind zu töten. Unterbrochen wurden die Misshandlungen immer wieder von der Frage an das Opfer, ob das Kind inzwischen tot sei. Als dieses verneinte, setzten die Angeklagten die Schläge und Tritte fort. Schließlich zwangen sie Angelina R. in der Erwartung, das Ungeborene werde dadurch getötet, von einem etwa drei Meter hohen Gerüst zu springen. In Todesangst sprang R. und verletzte sich dabei an Kinn und Lippe.

Weil die Angeklagten davon ausgingen, der Schwan­ger­schafts­abbruch sei aufgrund der Misshandlungen erfolgt, ließen sie von dem Opfer ab und verließen unter der Drohung, niemandem von der Tat zu berichten den Schulhof. Der erheblich verletzten Angelina R. gelang es, in einer nahe gelegenen Turnhalle Hilfe zu holen. Das ungeborene Kind konnte durch einen Kaiserschnitt gerettet werden. Beide sind heute wohlauf.

Eine Verurteilung wegen Raubes hat das Gericht in Abweichung von dem ursprünglichen Tatvorwurf nicht ausgesprochen. Denn es geht davon aus, die Angeklagten hätten dem Opfer sein Handy nicht weggenommen, um es zu behalten, sondern um das Herbeirufen von Hilfe zu verhindern.

Eine Anklage oder eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags oder versuchten Mordes war bereits aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, da diese Tatbestände für ungeborenes Leben nicht gelten.

Bei der Strafzumessung hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass der Angeklagte El-Ch. sich wegen der von seiner Familie missbilligten Vaterschaft in einer Ausnah­me­si­tuation befand. Strafmildernd haben sich auch die Geständnisse beider Angeklagter sowie deren bisherige Unbestraftheit ausgewirkt.

Strafschärfend hat das Gericht die heimtückische und besonders brutale Vorgehensweise gewertet. Als besonders verwerflich sah es auch die die Schläge immer wieder unterbrechenden Fragen nach dem Tod des Ungeborenen an.

Das Gericht blieb mit seinem Urteilsspruch nur anderthalb bzw. zwei Jahre unter der möglichen Höchststrafe. Denn da keine Verurteilung wegen Raubes ausgesprochen wurde, lag die obere Strafgrenze bei fünf Jahren Jugendstrafe (§ 18 Jugend­ge­richts­gesetz).

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 15/06 des KG vom 24.04.2006

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