21.11.2024
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Dokument-Nr. 852

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Landgericht Berlin Urteil10.08.2005

Hohe Jugendstrafe wegen Tötung im Berliner WesthafenLandgericht Berlin verhängt Jugendstrafe von über acht Jahren

Eine Jugendkammer des Landgerichts Berlin hat nach etwa viermonatiger Haupt­ver­handlung einen 21jährigen wegen Totschlags, schweren Raubs u. a. zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Angeklagte hatte gestanden, am einem Morgen im Juli 2004 eine damals 18jährige getötet zu haben. Das Opfer wurde am Ufer des Berliner Westhafenkanals gefunden.

Das Gericht hat entgegen dem ursprünglichen Vorwurf nicht festgestellt, dass der Angeklagte sein späteres Opfer zuvor vergewaltigt und dann getötet hatte, um die Vergewaltigung zu vertuschen. Insoweit war nicht auszuschließen, dass ein Geschlechts­verkehr in der Wohnung des Angeklagten freiwillig erfolgt war. Die genauen Todesumstände bleiben trotz des Geständnisses auch nach dem Urteil teilweise unklar. Denn der Angeklagte konnte sich an das genaue Tatgeschehen nicht mehr erinnern, da er - wie das Opfer- zur Tatzeit ganz erheblich unter Drogen stand. Weitere direkte Tatzeugen gibt es nicht.

Die von der Staats­an­walt­schaft beantragte Verurteilung wegen Mordes war ausgeschlossen - so das Gericht -, da zwar nach dem Geständnis des Angeklagten von einer vorsätzlichen Tötung (Totschlag, § 212 Strafgesetzbuch) auszugehen sei. Ein für die Verurteilung wegen Mordes (§ 211 Strafgesetzbuch) zusätzlich notwendiges Mordmerkmal sei dem Angeklagten jedoch nicht nachweisbar. Eine Heimtücke, d. h. das gezielte In-Sicherheit-Wiegen des späteren Opfers vor der Tat, hat das Gericht nicht feststellen können. Denn das genaue Geschehen zwischen dem Verlassen der Wohnung und der Tötung bleibt ebenfalls unklar.

Auch die Voraussetzungen für die Annahme sonstiger niedriger Beweggründe als Mordmerkmal liegen nicht zweifelsfrei vor. Denn das vom Angeklagten für die Tat angeführte Motiv, er habe verhindern wollen, dass das Tatopfer seiner Freundin von dem "Fremdgehen" erzähle und diese sich von ihm trenne, vermochte das Gericht zwar nicht zu widerlegen. Aufgrund einer seit Jahren bestehenden Gewaltneigung des Angeklagten, die nach den Ausführungen eines psychiatrischen Sachver­ständigen Krankheitswert habe, handele es sich bei der Angst vor der Freundin jedoch zumindest nicht zweifelsfrei um die "Hauptmotivation" für die Tat.

Ein vom Angeklagten im Juli 2004 begangener bewaffneter Überfall auf einen Zeitungsladen wurde ebenfalls festgestellt und in die Verurteilung einbezogen. Vom Vorwurf einer weiteren Vergewaltigung im Juli 2004 wurde der Angeklagte mangels ausreichender Beweise hingegen vom Gericht freigesprochen.

Aufgrund massiver Schwierigkeiten seit frühester Kindheit liegen bei dem Angeklagten deutliche Reife­ver­zö­ge­rungen vor, die zur Anwendung des Jugend­s­traf­rechts (Jugendstrafe bis höchstens 10 Jahre) führten. Bei dem Angeklagten bestünde aber noch die Chance einer Besserung durch die Möglichkeiten des Jugend­s­traf­vollzugs, so das Gericht in der Urteils­be­gründung. Strafmildernd habe sich ausgewirkt, dass der Angeklagte zur Tatzeit erheblich unter Drogen stand (Amphetamin, Speed u. a.) und die Taten bereits bei der Polizei gestanden habe. Eine Aufklärung der Tötung des Opfers wäre sonst kaum möglich gewesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von dem Angeklagten, den Nebenklägern (u. a. den Eltern der Getöteten) und der Staats­an­walt­schaft binnen einer Woche nach Verkündung mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.

Quelle: Pressemitteilung des Kammergerichts Berlin vom 10.08.2005

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