In dem zugrunde liegenden Fall minderten die Mieter einer Wohnung aufgrund einer Lärmbelästigung durch ihre Nachbarn ihre Miete. Die Lärmbeeinträchtigung ging von dem minderjährigen Sohn der Nachbarn und seiner Freunde aus. Sie spielten unter Einsatz eines Verstärkers zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlicher Dauer mit dem Schlagzeug und der Elektrogitarre. Teils wurde zur Mittagszeit und abends sowie sonntags gespielt. Die Vermieterin erkannte ein Minderungsrecht nicht an und klagte auf Zahlung der ausstehenden Miete. Das Amtsgericht Charlottenburg gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Mieter.
Das Landgericht Berlin entschied gegen die Vermieterin. Ihr habe kein Anspruch auf die ausstehende Miete zugestanden, da die Mieter von ihrem Recht zur Mietminderung Gebrauch machen durften. Durch die Lärmbelästigung seien die Mieter in der Nutzbarkeit ihrer Wohnung eingeschränkt gewesen. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Mieter eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Innenstadtbereich gemietet hatten, habe eine nicht hinzunehmende Einwirkung vorgelegen.
Das Landgericht habe nicht verkannt, dass das Musizieren in der eigenen Wohnung grundsätzlich vom Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit gedeckt ist. Es müsse aber auch, dass Interesse der nicht musizierenden Mitmieter, insbesondere das Recht auf Ruhe und Entspannung, beachtet werden. Dieser Interessenskonflikt müsse durch eine Abwägung beider Belange gelöst werden.
Bei der Abwägung sei vor allem zu berücksichtigen gewesen, so das Gericht weiter, dass in der Hausordnung eine Ruhezeit von 13 bis 15 Uhr sowie von 20 bis 7 Uhr festgelegt wurde. Zudem waren generell ruhestörende Geräusche zu vermeiden, zumindest sollten diese dann werktags außerhalb der genannten Ruhezeiten erfolgen. Die Festlegung solcher Zeiten sei nicht zu beanstanden gewesen, da sie dem natürlichen Ruhe- und Schlafrhythmus von Menschen unterschiedlichen Alters Rechnung getragen hat.
Die Abwägung zwischen den Belangen beider Parteien sei hier nach Auffassung des Gerichts zu Lasten der musizierenden Nachbarn ausgefallen. Denn die Nachbarn haben weder die Regelungen der Hausordnung noch das Gebot der Rücksichtsname eingehalten. Dadurch haben sie den Gebrauch der Mietsache durch die Mieter erheblich beeinträchtigt. Zudem sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Musik zu jeder Tages- und Abendzeit habe einsetzen können und die Dauer unvorhersehbar war. Damit seien die Mieter der Musik ausgeliefert gewesen.
Die Beschränkung des Musizierens habe nach Ansicht des Gerichts nicht die freie Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit eingeschränkt. Zwar gehöre zur Persönlichkeitsentfaltung auch eine musikalische Ausbildung. Dies bedeute aber nicht, dass das Kind ohne Einschränkungen seine Neigungen folgen darf. Vielmehr gehöre die frühzeitige Erziehung eines Kindes zur Rücksichtnahme auf Mitmenschen zur Ausbildung sozialer Kompetenzen. Dieses Ziel sei gleichwertig mit der freien Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit.
Das Gericht hielt eine Minderungsquote in Höhe von 5 % der Bruttomiete für angemessen. In die Berechnung der Quote sei eingeflossen, dass die Beeinträchtigungen nur zeitweise und teilweise kurzfristig auftraten sowie von unterschiedlicher Intensität waren.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.05.2013
Quelle: Landgericht Berlin, ra-online (vt/rb)