18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil30.03.2000

Berufs­kraft­fahrer muss Bußgelder regelmäßig selbst zahlen

Ein Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einem angestellten Kraftfahrer ein Bußgeld zu erstatten, das dieser wegen einer während einer Dienstfahrt begangenen Verkehrs­ord­nungs­wid­rigkeit zu zahlen hatte. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein entschieden.

Der Kläger war von August 1996 bis Juli 1997 bei der Beklagten als Kraftfahrer angestellt. Wegen mehrerer festgestellter Lenkzeit­über­schrei­tungen wurde gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von DM 2.450,00 verhängt. Mit der Klage begehrte der Kläger von der Beklagten Erstattung der von ihm gezahlten Geldbuße. Die Beklagte erstattete einem anderen Kraftfahrer während dessen 19-jähriger Tätigkeit unstreitig ca. 10 Bußgelder. Der Kläger behauptete in diesem Zusammenhang, die Beklagte würde allen Kraftfahrern die gegen diese verhängten Geldbußen erstatten. Der Kläger berief sich zudem darauf, dass er gezwungen gewesen sei, Lenkzeit­über­schrei­tungen zu begehen, da er anderenfalls mit einer Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses hätte rechnen müssen. Das Arbeitsgericht Neumünster hat die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung wies das Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 30.03.2000 zurück.

In der Begründung führte das Landes­a­r­beits­gericht unter Bezugnahme auf das erstin­sta­nzliche Urteil aus, dass der Arbeitgeber gerade nicht verpflichtet sei, etwaige Bußgelder eines angestellten Kraftfahrers im Rahmen von Aufwandsersatz zu erstatten. In entsprechender Anwendung des § 670 BGB sei der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer zum Ersatz von Aufwendungen nur verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer bei der Ausführung seiner Arbeit unverschuldet Schäden erleide. Voraussetzung sei jedoch, dass der Schaden nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsfeld des Arbeitgebers zuzurechnen sei. Das Risiko, als Führer eines Kraftfahrzeuges aufgrund einer begangenen Ordnungs­wid­rigkeit mit einem Ordnungsgeld belegt zu werden, zähle jedoch zum Lebensbereich des betroffenen Kraftfahrers. Die individuell verhängte Strafe habe ein Berufs­kraft­fahrer - wie jeder andere Kraftfahrer auch - aus eigener Tasche zu zahlen. Schon im Straf- oder Bußgeld­ver­fahren werde bei der Festsetzung der Höhe des Bußgeldes im Rahmen der individuellen Schuldzumessung der Umstand berücksichtigt, dass die Ordnungs­wid­rigkeit während seines Dienstes erfolgte und ggf. den Arbeitgeber ein Mitverschulden treffe. Eine Abwälzung des Bußgeldes auf den Arbeitgeber würde den öffentlich-rechtlichen Zwecken der Maßregelung zuwiderlaufen. Ob ein Erstat­tungs­an­spruch eines gezahlten Ordnungsgeldes aufgrund betrieblicher Übung überhaupt entstehen kann, hat das Landes­a­r­beits­gericht offen gelassen. Vorliegend habe der Kläger bereits die Voraussetzungen eines Anspruches aus betrieblicher Übung nicht dargelegt. Als betriebliche Übung könne nur ein wiederholtes Verhalten des Arbeitsgebers verstanden werden, aus den die Arbeitnehmer nach Treu und Glauben schließen könnten, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Der Kläger hätte darlegen und beweisen müssen, dass in allen vergleichbaren Fällen die Bußgelder von der Beklagten übernommen worden seien. Der Kläger habe hierzu jedoch nicht ausreichend vorgetragen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 7/00 des LAG Schleswig-Holstein vom 08.09.2000

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