Dokument-Nr. 724
Permalink https://urteile.news/
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil29.05.2001
Vertragsauslegung: Probezeit = befristetes Probearbeitsverhältnis?
Wird in einem Arbeitsvertrag eine feste Probezeit vereinbart, kommt nur dann ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer der Probezeit zustande, wenn dies eindeutig vereinbart wird. Dies hat das Landesarbeitsgericht am 29.05.2001 entschieden.
Die Klägerin war seit dem 01.04.2000 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Die Parteien vereinbarten u.a. folgende "Sondervereinbarung": "Das Arbeitsverhältnis steht während der ersten 6 Monate unter dem Vorbehalt einer Probezeit. Danach gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet." Die Klägerin wurde während der Probezeit schwanger. Eine ausgesprochene Kündigung nahm die Beklagte aufgrund dessen zurück. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf zum 30.09.2000 endete. Der Klage der Klägerin auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses hat das Arbeitsgericht Flensburg stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte keinen Erfolg.
Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass mit der Vereinbarung einer Probezeit bezweckt werde, den Vertragsparteien die Möglichkeit zu geben, den Vertragspartner und die Arbeitsstelle auf eine längerfristige Zusammenarbeit zu überprüfen. Deshalb gelte während der Probezeit eine kürzere Kündigungsfrist, § 622 Abs. 3 BGB. Indessen gebe es keine gesetzliche Bestimmung, dass das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Probezeit automatisch befristet sei. Solle das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Probezeit befristet sein, so bedürfe dies einer eindeutigen Erklärung. Die strittige Sondervereinbarung enthalte jedoch keine eindeutige Befristungsabrede. Auch aus dem Satz "Danach gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet" ergebe sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass das Arbeitsverhältnis zunächst für die Dauer der Probezeit befristet sein sollte. Die vom Arbeitgeber angestrebte Befristung könne nur aus durch Auslegung im Rahmen des Umkehrschlusses gezogen werden. Dies entspreche aber nicht der erforderlichen Eindeutigkeit einer Befristungsabrede.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.06.2001
Quelle: Pressemitteilung Nr. 3/01 des LAG Schleswig-Holstein vom 19.06.2001
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil724
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.