15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 8075

Drucken
Urteil27.05.2009Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein3 Sa 74/09
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil27.05.2009

Kündigung im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall ist nicht grundsätzlich treuwidrigLAG Kiel zu Kündigungen außerhalb des Kündi­gungs­schutz­ge­setzes - Treu und Glauben

Eine Kündigung ist nicht deshalb treuwidrig, weil sie im Zusammenhang mit einem möglichen Arbeitsunfall ausgesprochen wurde. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht Kiel entschieden.

Im zugrun­de­lie­genden Fall wehrte sich ein Mann (Kläger) gegen seine Kündigung. Er war aufgrund eines mündlichen Arbeits­ver­trages seit dem 17.09.2008 als Gerüstbauhelfer bei einer Firma (Beklagte) beschäftigt, die Subunternehmer auf einer Baustelle war. Am Freitag, den 17.10.2008 stieß der Mann auf der Baustelle mit seinem Knie gegen einen Eisenriegel. Wie es zu diesem "Arbeitsunfall" kam ist zwischen dem Mann und dem Arbeitgeber strittig. Am Monatag, den 20.10.2008 meldete sich der Mann bis einschließlich 31.10.2008 arbeitsunfähig krank. Sein Arbeitgeber überbrachte ihm am Abend des 20.10.2008 die fristlose Kündigung, wobei der Arbeitgeber, wie der Mann behauptet, Drohungen ausgesprochen haben solle. Gegen die Kündigung wandte sich der Mann im Wege der Kündi­gungs­schutzklage.

Arbeitsgericht wandelt fristlose Kündigung in ordentliche Kündigung um

Vor dem Arbeitsgericht Elmshorn hatte er auch teilweise Erfolg. Es wandelte die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung um, wonach das Arbeitsverhältnis am 27.10.2008 endete.

Sechs Werktage Kündigungsfrist

Auf das Arbeits­ver­hältnis finde der allge­mein­ver­bindliche Rahmenvertrag für das Gerüst­bau­e­r­handwerk Anwendung. Die tarifliche Kündigungsfrist betrage demnach in den ersten sechs Monaten eines Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses sechs Werktage. Mit diesem Ergebnis war der Mann nicht zufrieden und ging in die nächste Instanz vor das Landes­a­r­beits­gericht Kiel. Dieses sollte entscheiden, ob die Kündigung vom 20.10.2008 das Arbeits­ver­hältnis überhaupt beendet hat oder treuwidrig war.

Landes­a­r­beits­gericht: Kündigung nicht treuwidrig

Das Landes­a­r­beits­gericht entschied, dass die Kündigung nicht treuwidrig gewesen sei. Der Kläger habe keine spezifischen Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine besondere Missachtung seiner persönlichen Belange oder eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende Rechtsausübung des Beklagten oder gar eine Ausnutzung seiner Rechtslage mit damit einhergehender unzulässiger Rechts­über­schreitung ergebe. Der Kläger habe sich nach vierwöchiger Tätigkeit für den Beklagten auf der Baustelle bei der Tätigkeit verletzt. Die genauen Umstände seien streitig. Der Beklagte habe das Arbeits­ver­hältnis, wenn auch erst nach Korrektur durch das Arbeitsgericht unter Zahlung der von ihm geschuldeten Entgelt­fort­zahlung abgewickelt.

Arbeitsausfall als Auslöser der Kündigung

Auslöser für die Kündigung sei nach dem Vorbringen des Beklagten unter anderem der Arbeitsausfall des Klägers. Das sei arbeits­rechtlich zulässig. Die Kündigung werde auch nicht dadurch treuwidrig, dass die Aushändigung des Kündi­gungs­schreibens unter Umständen mit einer verbalen Ausein­an­der­setzung der Parteien verbunden gewesen sei. Ein etwaiger verbaler Streit zwischen den Parteien war nicht der Auslöser der Kündigung, mithin nicht der Kündigungsgrund. Er stelle allenfalls die Begleitumstände bei Gelegenheit der Übergabe des Kündi­gungs­schreibens dar. Zu diesem Zeitpunkt war der Kündi­gungs­ent­schluss des Beklagten jedoch bereits gefallen. Weiterer Auslöser der Kündigung war nach dem nicht vom Kläger widerlegten Vorbringen des Beklagten die Tatsache, dass letzterer infolge unstreitig nicht am 17.10.2008 erfolgter Dokumentation des Geschehens im Zusammenhang mit der Darlegung eines Arbeitsunfalles Aufklärungs- und Abwick­lungs­schwie­rig­keiten gegenüber dem Unfall­ver­si­cherer sowie dem Auftraggeber zu bewältigen hatte. Auch vor diesem Hintergrund sei das Verhalten des Beklagten nicht als treuwidrige Reaktion einzuordnen, führte das Gericht aus.

Kündigung aus Anlass von Arbeits­un­fä­higkeit nicht per se treuwidrig

Allein der Umstand, dass die Kündigung im Zusammenhang mit der Behauptung eines Arbeitsunfalles ausgesprochen wurde, machte die Kündigung weder treuwidrig noch willkürlich. Auch sei eine Kündigung aus Anlass von Arbeits­un­fä­higkeit nicht per se treuwidrig. Zudem wäre der Kläger insoweit durch § 8 Abs. 1 Satz 1 Entgelt­fort­zah­lungsG abgesichert gewesen. Um die Ersparung von Entgelt­fort­zah­lungs­kosten ginge es dem Beklagten erkennbar ebenfalls nicht. Aus den genannten Gründen habe das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten vom 20.10.2008 das Arbeits­ver­hältnis fristgemäß mit Ablauf des 27.10.2008 beendet habe.

Quelle: ra-online (pt)

der Leitsatz

Eine Kündigung ist nicht deshalb treuwidrig, weil sie im Zusammenhang mit einem möglichen Arbeitsunfall ausgesprochen wurde.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil8075

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI