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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil27.05.2009
Kündigung im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall ist nicht grundsätzlich treuwidrigLAG Kiel zu Kündigungen außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes - Treu und Glauben
Eine Kündigung ist nicht deshalb treuwidrig, weil sie im Zusammenhang mit einem möglichen Arbeitsunfall ausgesprochen wurde. Dies hat das Landesarbeitsgericht Kiel entschieden.
Im zugrundeliegenden Fall wehrte sich ein Mann (Kläger) gegen seine Kündigung. Er war aufgrund eines mündlichen Arbeitsvertrages seit dem 17.09.2008 als Gerüstbauhelfer bei einer Firma (Beklagte) beschäftigt, die Subunternehmer auf einer Baustelle war. Am Freitag, den 17.10.2008 stieß der Mann auf der Baustelle mit seinem Knie gegen einen Eisenriegel. Wie es zu diesem "Arbeitsunfall" kam ist zwischen dem Mann und dem Arbeitgeber strittig. Am Monatag, den 20.10.2008 meldete sich der Mann bis einschließlich 31.10.2008 arbeitsunfähig krank. Sein Arbeitgeber überbrachte ihm am Abend des 20.10.2008 die fristlose Kündigung, wobei der Arbeitgeber, wie der Mann behauptet, Drohungen ausgesprochen haben solle. Gegen die Kündigung wandte sich der Mann im Wege der Kündigungsschutzklage.
Arbeitsgericht wandelt fristlose Kündigung in ordentliche Kündigung um
Vor dem Arbeitsgericht Elmshorn hatte er auch teilweise Erfolg. Es wandelte die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung um, wonach das Arbeitsverhältnis am 27.10.2008 endete.
Sechs Werktage Kündigungsfrist
Auf das Arbeitsverhältnis finde der allgemeinverbindliche Rahmenvertrag für das Gerüstbauerhandwerk Anwendung. Die tarifliche Kündigungsfrist betrage demnach in den ersten sechs Monaten eines Beschäftigungsverhältnisses sechs Werktage. Mit diesem Ergebnis war der Mann nicht zufrieden und ging in die nächste Instanz vor das Landesarbeitsgericht Kiel. Dieses sollte entscheiden, ob die Kündigung vom 20.10.2008 das Arbeitsverhältnis überhaupt beendet hat oder treuwidrig war.
Landesarbeitsgericht: Kündigung nicht treuwidrig
Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung nicht treuwidrig gewesen sei. Der Kläger habe keine spezifischen Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine besondere Missachtung seiner persönlichen Belange oder eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende Rechtsausübung des Beklagten oder gar eine Ausnutzung seiner Rechtslage mit damit einhergehender unzulässiger Rechtsüberschreitung ergebe. Der Kläger habe sich nach vierwöchiger Tätigkeit für den Beklagten auf der Baustelle bei der Tätigkeit verletzt. Die genauen Umstände seien streitig. Der Beklagte habe das Arbeitsverhältnis, wenn auch erst nach Korrektur durch das Arbeitsgericht unter Zahlung der von ihm geschuldeten Entgeltfortzahlung abgewickelt.
Arbeitsausfall als Auslöser der Kündigung
Auslöser für die Kündigung sei nach dem Vorbringen des Beklagten unter anderem der Arbeitsausfall des Klägers. Das sei arbeitsrechtlich zulässig. Die Kündigung werde auch nicht dadurch treuwidrig, dass die Aushändigung des Kündigungsschreibens unter Umständen mit einer verbalen Auseinandersetzung der Parteien verbunden gewesen sei. Ein etwaiger verbaler Streit zwischen den Parteien war nicht der Auslöser der Kündigung, mithin nicht der Kündigungsgrund. Er stelle allenfalls die Begleitumstände bei Gelegenheit der Übergabe des Kündigungsschreibens dar. Zu diesem Zeitpunkt war der Kündigungsentschluss des Beklagten jedoch bereits gefallen. Weiterer Auslöser der Kündigung war nach dem nicht vom Kläger widerlegten Vorbringen des Beklagten die Tatsache, dass letzterer infolge unstreitig nicht am 17.10.2008 erfolgter Dokumentation des Geschehens im Zusammenhang mit der Darlegung eines Arbeitsunfalles Aufklärungs- und Abwicklungsschwierigkeiten gegenüber dem Unfallversicherer sowie dem Auftraggeber zu bewältigen hatte. Auch vor diesem Hintergrund sei das Verhalten des Beklagten nicht als treuwidrige Reaktion einzuordnen, führte das Gericht aus.
Kündigung aus Anlass von Arbeitsunfähigkeit nicht per se treuwidrig
Allein der Umstand, dass die Kündigung im Zusammenhang mit der Behauptung eines Arbeitsunfalles ausgesprochen wurde, machte die Kündigung weder treuwidrig noch willkürlich. Auch sei eine Kündigung aus Anlass von Arbeitsunfähigkeit nicht per se treuwidrig. Zudem wäre der Kläger insoweit durch § 8 Abs. 1 Satz 1 EntgeltfortzahlungsG abgesichert gewesen. Um die Ersparung von Entgeltfortzahlungskosten ginge es dem Beklagten erkennbar ebenfalls nicht. Aus den genannten Gründen habe das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten vom 20.10.2008 das Arbeitsverhältnis fristgemäß mit Ablauf des 27.10.2008 beendet habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.07.2009
Quelle: ra-online (pt)
der Leitsatz
Eine Kündigung ist nicht deshalb treuwidrig, weil sie im Zusammenhang mit einem möglichen Arbeitsunfall ausgesprochen wurde.
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