15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 725

Drucken
Urteil13.03.2001Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein3 Sa 655/00
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil13.03.2001

Tarifliche Ausschluss­fristen erfassen auch deliktische Ansprüche

Eine Ausschluss­klausel, nach der "alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeits­ver­hältnis" verfallen, sofern sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden, erfasst neben vertraglichen Erfüllungs- und Schaden­s­er­satz­ansprüche auch solche aus unerlaubter Handlung, sofern vertragliche und deliktische Schaden­s­er­satz­ansprüche auf einen einheitlichen Lebens­sach­verhalt beruhen. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 13.03.2001 rechtskräftig entschieden (3 Sa 655/00).

Der Beklagte war vom November 1997 bis März 1999 als Kunden­dienst­monteur bei der Klägerin, einem Sanitär- und Heizungsbetrieb beschäftigt. Auf das Arbeits­ver­hältnis fand eine tarifliche Ausschluss­klausel folgenden Wortlauts Anwendung:

"Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeits­ver­hältnis mit Ausnahme des Urlaubs sind zunächst innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit bei Arbeitgeber bzw. beim Arbeitnehmer schriftlich geltend zu machen."

Im August 1998 beriet der Beklagte den Kunden K. dahingehend, dass sich eine Reparatur seiner defekten Heizungsanlage nicht lohne und unterbreitete ein Angebot für den Einbau einer neuen Heizung zum Festpreis von DM 4.800,--. Nach dem Einbau gewährte der Beklagte einen Preisnachlass bei entsprechender Barzahlung. Der Kunde K. zahlte daraufhin an den Beklagten die verlangten DM 4.500,--. Erst als es Ende Februar 1999 zu einem Repara­tu­r­auftrag kam, sprach die Klägerin den Kunden K. auf die noch ausstehende Rechnung an, woraufhin K. erwiderte, dass er den vereinbarten Preis von DM 4.500,-- bereits an den Beklagten in bar gezahlt habe. Die Klägerin stellte dem Kunden K. dennoch rund DM 6.500,-- in Rechnung, die dieser nicht beglich. Die Zahlungsklage gegen den Kunden K. nahm die Klägerin, nachdem Zeugen die Richtigkeit der Angabe des Kunden K. in der Beweisaufnahme vom 18.11.1999 bestätigt hatten, zurück. Mit Schreiben vom 06.12.1999 mahnte die Klägerin den Beklagten - erfolglos - auf Zahlung der DM 4.500,--. Die sodann vor dem Arbeitsgericht gegen den Beklagten erhobene Zahlungsklage wegen behaupteter Unterschlagung der DM 4.500,-- wies das Arbeitsgericht Neumünster mit Urteil vom 01.11.2000 die Klage ab, da ein derartiger Anspruch verfallen sei (3 Ca 953 a/00). Die von der Klägerin eingelegte Berufung wies das Landes­a­r­beits­gericht mit Urteil vom 13.03.2001 zurück (3 Sa 655/00).

Zur Begründung führte das Landes­a­r­beits­gericht aus, dass Schaden­s­er­satz­ansprüche fällig werden, wenn der Gläubiger vom Schaden­se­r­eignis Kenntnis erlangt habe bzw. bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte Kenntnis erlangen können. Die Klägerin sei von dem Schaden­se­r­eignis bereits Ende Februar 1999 durch den Kunden K. in Kenntnis gesetzt worden und nicht erst nach der im Zivilprozess erfolgten Beweisaufnahme Ende November 1999. Folglich habe die Klägerin mit Schreiben vom 06.12.1999 ihre Ansprüche nicht innerhalb der vierwöchigen Verfallfrist gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Die im Streit befindliche tarifliche Ausschluss­klausel erfasse - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch Ansprüche aus Delikt (Unterschlagung). Aus der Formulierung "alle beiderseitigen Ansprüche ... aus dem Arbeits­ver­hältnis" folge, dass die Verfallklausel eine umfassende Bereinigung bezwecke. Der Anspruch der Klägerin, ihr Vorbringen zum Einbehalt des kassierten und einbehaltenen Geldes als wahr unterstellt, könne auf verschiedene rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, nämlich auf ungerecht­fertigte Bereichung, §§ 812 ff. BGB, positive Forde­rungs­ver­letzung, §§ 276, 280, 286 BGB und Delikt, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 BGB. Der Lebens­sach­verhalt, auf den der Zahlungs­an­spruch - gestützt auf unter­schiedliche Rechts­grundlagen - herrühre, sei identisch. In einem solchen Fall sei eine unter­schiedliche Beurteilung von vertraglichen und deliktischen Ansprüchen angesichts der Formulierung der Tarifnorm nicht zulässig, so auch st. Rspr. des BAG.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 2/01 des LAG Schleswig-Holstein vom 23.04.2001

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil725

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI