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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil07.12.1999
Beschäftigungsverbot für eine Schwangere, weil Arbeitgeber nachhaltig deren Rechte missachtet
Wenn ein Arbeitgeber die Rechte einer Schwangeren nachhaltig verletzt und sie so zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwingt, kann dies u. U. zu einem Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG führen. Aufgrund der erhöhten Sensibilität während einer Schwangerschaft kann ein solches Verhalten des Arbeitgebers eine Situation schaffen, in der bei Fortdauer der Beschäftigung zumindest die psychische Gesundheit der Schwangeren gefährdet ist. Während des Beschäftigungsverbots steht der Schwangeren unbefristet Mutterschutzlohn zu (§ 11 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 MuSchG). Dies hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden und einer Klage auf Zahlung von Mutterschutzlohn rechtskräftig stattgegeben.
In dem zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien darüber, ob der schwangeren Klägerin für die Zeit eines ärztlich attestierten Beschäftigungsverbots Mutterschaftslohn zustand. Die Klägerin war in dem systemgastronomischen Betrieb der Beklagten als gastgewerbliche Mitarbeiterin beschäftigt. Kurz nach Arbeitsaufnahme wurde sie schwanger, woraufhin die Beklagte das Arbeitsverhältnis kündigte. Erst in einem Kündigungsschutzverfahren gestand die Beklagte zu, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestand. Lohn zahlte sie jedoch nicht. Diesen musste die Klägerin ebenfalls einklagen und im Wege der Vollstreckung geltend machen. Die Klägerin war aufgrund von Kreislaufbeschwerden und Ohnmachtsanfällen zunächst arbeitsunfähig krank. Im Anschluss daran bescheinigte der sie behandelnde Gynäkologe, dass bei ihr bis zur Entbindung wegen schwangerschaftsbedingter Beschwernisse ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG bis zur Entbindung bestehe. Die Beklagte lehnte die Zahlung von Mutterschaftsgeld für die Dauer des Beschäftigungsverbots gemäß §§ 11 Abs. 1 i. V. m. 3 Abs. 1 MuSchG ab, weil die Klägerin psychisch krank und damit arbeitsunfähig gewesen sei, so dass kein Beschäftigungsverbot hätte ausgesprochen werden dürfen.
Das Arbeitsgericht Lübeck hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht rechtskräftig zurückgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, dass sich krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit während einer Schwangerschaft, die nur einen 6-wöchigen Entgeltzahlungsanspruch auslöst, und ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG, bei dem der Arbeitnehmehmerin unbefristet Mutterschutzlohn zusteht (§ 11 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MuSchG), gegenseitig ausschlössen. Vorliegend sei die Klägerin ab dem Zeitpunkt des attestierten Beschäftigungsverbots nicht arbeitsunfähig krank gewesen. Sie sei nach Auskunft des sie behandelnden Gynäkologen im Begriff gewesen, eine reaktive Depression zu entwickeln, wodurch sie sich - so das Landesarbeitsgericht - in einem Grenzbereich zur Arbeitsunfähigkeit befunden habe. Hier komme der Beurteilungsspielraum des Arztes zum Tragen, der gerade nicht von Arbeitsunfähigkeit, sondern von einer durch die Beschäftigung ausgehenden Gefährdung für Mutter und Kind ausgegangen sei. Die verbleibenden Zweifel gingen zu Lasten der Beklagten. Durch die Kündigung und die Vorenthaltung des Lohns habe die Beklagte eine offensichtlich feindselige Haltung gegenüber der Klägerin gezeigt, die die Klägerin immer wieder zum Beschreiten des Klagewegs und der gerichtlichen Vollstreckung gezwungen hätte. Ein solcher Konflikt wäre selbst für eine nicht schwangere Arbeitnehmerin eine schwere Belastung gewesen. Dies gelte erst recht für eine Schwangere, deren Sensibilität gesteigert sei. Es erscheine mithin plausibel, dass zumindest die psychische Gesundheit der schwangeren Klägerin bei einer Weiterbeschäftigung gefährdet gewesen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2000
Quelle: Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein vom 24.01.2000
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