18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 22309

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Beschluss04.03.2016Landesarbeitsgericht Düsseldorf10 Ta BV 102/15
Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Oberhausen, Beschluss29.07.2015, 3 BV 15/15
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss04.03.2016

Betriebs­ratsmitglied kann nicht wegen kritischer Äußerungen fristlos gekündigt werdenStreit um Äußerung "Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70 Jahren hinter uns gebracht"

Ein Betriebs­ratsmitglied, das in Bezug auf die Arbeits­ver­hältnisse von "Überwachung in einem totalitären Regime" spricht, darf wegen dieser Äußerung nicht fristlos gekündigt werden. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob die Äußerung auf einen Vergleich der Arbeits­ver­hältnisse mit dem national­sozialistischen Terrorregime abzielt oder ob lediglich vor einer künftigen Entwicklung gewarnt werden soll. Dies entschied das Landes­arbeitsgericht Düsseldorf.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Senioren- und Pflegezentrum, bei dem ein Betriebsrat gebildet ist, dessen Mitglied der Beteiligte zu 3) ist. Dieser ist seit dem Jahr 1994 bei der Arbeitgeberin als Altenpfleger im Nachtdienst beschäftigt. Dem Betriebsrat gehört er seit 20 Jahren an. Er ist außerdem Arbeit­neh­mer­ver­treter im Aufsichtsrat der Klinikgruppe, der die Arbeitgeberin zugehörig ist. In einer E-Mail des Betrie­bs­rats­mit­glieds vom 21.04.2015 an den Einrich­tungs­leiter und Aufsichts­rats­mit­glieder, von dem der Geschäftsführer Kenntnis erhielt, hieß es u.a.:

" ...wie ich von mehreren Mitarbeitern erfahren habe, beabsichtigen Sie wöchentlich eine Überwa­chungs­kon­trolle, mit technischen Gerätschaften, der Mitarbeiter in der Pflege durchzuführen. Es soll damit festgestellt werden, wie viel Zeit der Mitarbeiter benötigt, bis er dem Klingelruf des Mitarbeiters nachkommt. Hier findet eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers statt, die einen dringlichen Handlungsbedarf des Betriebsrats vorsieht gemäß einer einstweiligen Verfügung. Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70 Jahren hinter uns gebracht, auch wenn hier im Kleineren gehandelt wird, so ist dies der Anfang von dem was dann irgendwann aus dem Ruder laufen kann. ..."

Der Betriebsrat erteilte die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Betrie­bs­rats­mit­glieds nicht. Die Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der Zustimmung.

Gericht sieht keinen Grund für eine fristlose Kündigung

Diesen Antrag hat das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf ebenso wie das Arbeitsgericht Oberhausen zurückgewiesen. Ein Grund zur fristlosen Kündigung des Betrie­bs­rats­mit­glieds liegt nicht vor.

Gericht: Kein Vergleich - sondern lediglich Warnung vor künftiger Entwicklung

Zutreffend ist, dass ein Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Terrorregime in der Regel ein Grund für eine fristlose Kündigung ist. Eine solche Gleichsetzung ist in der E-Mail vom 21.04.2015 nicht enthalten. Das Betrie­bs­rats­mitglied warnt vielmehr vor einer möglichen künftigen Entwicklung und knüpft damit allenfalls an die Verhältnisse der Weimarer Republik an. Es geht ihm darum, dass man Entwicklungen von Beginn an beobachten muss „bevor etwas aus dem Ruder läuft.“ Eine solche Äußerung ist von der Meinungs­freiheit geschützt. Die übrige Kritik des Betrie­bs­rats­mit­glieds, u.a. an der von diesem behaupteten und von der Arbeitgeberin bestrittenen Unterbesetzung im Tages- und Nachtdienst enthält zulässige Werturteile, die sich im Rahmen seiner Funktionen als Betriebsrats- und Aufsichts­rats­mitglied halten.

Quelle: ra-online, LAG Düsseldorf (pm/pt)

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