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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss10.06.2008
Auszubildende haben Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, auch wenn sie unter 400 EURO verdienenKeine Gleichstellung von Auszubildenden mit beitragsfreien Geringverdienern
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Auszubildende keinen Anspruch auf beitragsfreie Beschäftigung oder niedrigere Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) haben.
Die Klägerin absolviert eine Ausbildung als Friseurin und erhielt als monatliche Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr € 396,00, im zweiten Ausbildungsjahr € 420,00 und im dritten Ausbildungsjahr € 520,00. Der Arbeitgeber führte Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 24 bis 212 €/Monat (von der Klägerin und dem Arbeitgeber jeweils zur Hälfte getragen) während der Ausbildungszeit an die Krankenkasse ab.
Ausbildungsvergütung liegt unter der Geringfügigkeitsgrenze
Die Klägerin machte geltend, für die Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr seien keine Beiträge zu erheben, da sie mit ihrem Verdienst unter der Geringfügigkeitsgrenze von € 400,00 liege. Dass Auszubildende bei einem Einkommen bis € 400,00 der Versicherungspflicht unterworfen seien, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, denn für die übrigen Geringverdiener bestehe keine Sozialversicherungspflicht.
Klägerin: Gleitzonenregelung müsse angewandt werden
Soweit ihr Ausbildungsgehalt die Geringfügigkeitsgrenze von € 400,00 übersteige, müssten die Beiträge zur Sozialversicherung verringert werden (sog. Gleitzonenregelung; Anm.: eine Gleitzone liegt bei einem Beschäftigungsverhältnis vor, wenn das erzielte Entgelt zwischen € 400,01 und € 800,00 im Monat liegt). Die beklagte Krankenkasse und das Sozialgericht lehnten dies ab.
Gericht: Keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich zu den geringfügig Beschäftigten
Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg. Nach Rechtsauffassung des Senats enthält die gesetzliche Regelung keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich zu den geringfügig Beschäftigten bzw. Beschäftigten mit einem Arbeitsentgelt im Bereich der Gleitzone. Zwischen den einzelnen Gruppen bestünden gewichtige Unterschiede, die eine unterschiedliche Behandlung durch den Gesetzgeber rechtfertigte. Die Höhe der Ausbildungsvergütung habe grundsätzlich keinen Einfluss auf die Versicherungspflicht der Auszubildenden, auch wenn die Ausbildungsvergütung die Kriterien der Geringfügigkeit erfüllt.
Auszubildende sind in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht besonders schutzbedürftig und daher sozialversicherungspflichtig
Die Gruppe der Auszubildenden sei in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht besonders schutzbedürftig, weshalb sie dem System der gesetzlichen Sozialversicherung zu unterstellen sei und die Versicherungspflicht selbst dann eingreife, wenn keine Ausbildungsvergütung gezahlt werde. Soweit die Klägerin ab dem zweiten Lehrjahr weniger zahlen wollte, lehnte dies der Senat ebenfalls ab. Zweck der Gleitzonenregelung sei es, im sog. Niedriglohnsektor für Arbeitnehmer einen Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit zu setzen. Eines solchen Anreizes bedürfe es bei Ausbildungsverhältnissen nicht. Dem Gesetzgeber habe es freigestanden, zur Schaffung von Arbeitsplätzen nur eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern durch eine geringere Beitragslast zu fördern und hierbei die Ausbildungsverhältnisse herauszunehmen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LSG Baden-Württemberg vom 15.07.2008
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