15.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 6376

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Beschluss10.06.2008Landesarbeitsgericht Baden-WürttembergL 4 KR 6527/06
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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss10.06.2008

Auszubildende haben Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge zu zahlen, auch wenn sie unter 400 EURO verdienenKeine Gleichstellung von Auszubildenden mit beitragsfreien Gering­ver­dienern

Das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Auszubildende keinen Anspruch auf beitragsfreie Beschäftigung oder niedrigere Beiträge zur Sozia­l­ver­si­cherung (Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Renten­ver­si­cherung) haben.

Die Klägerin absolviert eine Ausbildung als Friseurin und erhielt als monatliche Ausbil­dungs­ver­gütung im ersten Ausbildungsjahr € 396,00, im zweiten Ausbildungsjahr € 420,00 und im dritten Ausbildungsjahr € 520,00. Der Arbeitgeber führte Gesamt­s­o­zi­a­l­ver­si­che­rungs­beiträge in Höhe von 24 bis 212 €/Monat (von der Klägerin und dem Arbeitgeber jeweils zur Hälfte getragen) während der Ausbildungszeit an die Krankenkasse ab.

Ausbil­dungs­ver­gütung liegt unter der Gering­fü­gig­keits­grenze

Die Klägerin machte geltend, für die Ausbil­dungs­ver­gütung im ersten Lehrjahr seien keine Beiträge zu erheben, da sie mit ihrem Verdienst unter der Gering­fü­gig­keits­grenze von € 400,00 liege. Dass Auszubildende bei einem Einkommen bis € 400,00 der Versi­che­rungs­pflicht unterworfen seien, verstoße gegen den Gleich­heits­grundsatz des Grundgesetzes, denn für die übrigen Geringverdiener bestehe keine Sozialversicherungspflicht.

Klägerin: Gleit­zo­nen­re­gelung müsse angewandt werden

Soweit ihr Ausbil­dungs­gehalt die Gering­fü­gig­keits­grenze von € 400,00 übersteige, müssten die Beiträge zur Sozia­l­ver­si­cherung verringert werden (sog. Gleit­zo­nen­re­gelung; Anm.: eine Gleitzone liegt bei einem Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis vor, wenn das erzielte Entgelt zwischen € 400,01 und € 800,00 im Monat liegt). Die beklagte Krankenkasse und das Sozialgericht lehnten dies ab.

Gericht: Keine verfas­sungs­widrige Ungleich­be­handlung der Klägerin im Vergleich zu den geringfügig Beschäftigten

Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg. Nach Rechts­auf­fassung des Senats enthält die gesetzliche Regelung keine verfas­sungs­widrige Ungleich­be­handlung der Klägerin im Vergleich zu den geringfügig Beschäftigten bzw. Beschäftigten mit einem Arbeitsentgelt im Bereich der Gleitzone. Zwischen den einzelnen Gruppen bestünden gewichtige Unterschiede, die eine unter­schiedliche Behandlung durch den Gesetzgeber rechtfertigte. Die Höhe der Ausbil­dungs­ver­gütung habe grundsätzlich keinen Einfluss auf die Versi­che­rungs­pflicht der Auszubildenden, auch wenn die Ausbil­dungs­ver­gütung die Kriterien der Geringfügigkeit erfüllt.

Auszubildende sind in sozia­l­ver­si­che­rungs­recht­licher Hinsicht besonders schutzbedürftig und daher sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtig

Die Gruppe der Auszubildenden sei in sozia­l­ver­si­che­rungs­recht­licher Hinsicht besonders schutzbedürftig, weshalb sie dem System der gesetzlichen Sozia­l­ver­si­cherung zu unterstellen sei und die Versi­che­rungs­pflicht selbst dann eingreife, wenn keine Ausbil­dungs­ver­gütung gezahlt werde. Soweit die Klägerin ab dem zweiten Lehrjahr weniger zahlen wollte, lehnte dies der Senat ebenfalls ab. Zweck der Gleit­zo­nen­re­gelung sei es, im sog. Niedrig­lohn­sektor für Arbeitnehmer einen Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit zu setzen. Eines solchen Anreizes bedürfe es bei Ausbil­dungs­ver­hält­nissen nicht. Dem Gesetzgeber habe es freigestanden, zur Schaffung von Arbeitsplätzen nur eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern durch eine geringere Beitragslast zu fördern und hierbei die Ausbil­dungs­ver­hältnisse herauszunehmen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LSG Baden-Württemberg vom 15.07.2008

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