18.10.2024
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Dokument-Nr. 3332

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Beschluss18.07.2006Kammergericht Berlin5 W 156/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2006, 680Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2006, Seite: 680
  • MMR 2006, 678Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2006, Seite: 678
  • NJW 2006, 3215Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2006, Seite: 3215
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Kammergericht Berlin Beschluss18.07.2006

Ebay - Widerrufsfrist zwei Wochen oder ein Monat?Bei Wider­rufs­be­lehrung nach Vertrags­ab­schluss beträgt die Widerrufsfrist ein Monat

Ebay-Händler und so genannte Ebay-Powerseller müssen ihre Käufer unmiss­ver­ständlich über ihr Widerrufsrecht informieren. Eine Belehrung über die Widerrufsfrist, in der es heißt, dass die Widerrufsfrist zwei Wochen betrage und frühestens ab Erhalt der Ware zu laufen beginne, ist nicht hinreichend klar formuliert. Das hat das Kammergericht Berlin entschieden.

Im Fall mahnte ein Schuhverkäufer einen anderen ab. Dieser schrieb zum Widerrufsrecht: "Widerrufsrecht. Sie können Ihre Vertrags­er­klärung innerhalb von zwei Wochen … widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware. …" Der abmahnende Konkurrent meinte, dass die Widerrufsfrist ein Monat betrage, weil die Belehrung nicht in Textform erteilt worden sei. Ein ins Internet gestellter Text sei keine rechtlich relevante Belehrung in Textform. Diese erhalte der Kunde erst nach Vertrags­ab­schluss mit Auslieferung der Ware. Außerdem sei die Rechtsbelehrung deutlich zu gestalten und müsse sich durch Farbe, größere Lettern, Sperrschrift oder Fettdruck in nicht zu übersehender Weise aus dem übrigen Text hervorheben, so der abmahnende Schuhverkäufer. Die bloße drucktechnische Hervorhebung "Widerrufsrecht" reiche nicht.

Das Kammergericht entschied, dass die Wider­rufs­be­lehrung fehlerhaft war. Das in § 355 BGB geregelte Widerrufsrecht bezwecke den Schutz des Verbrauchers. Dieser Schutz erfordere eine möglichst umfassende, unmiss­ver­ständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung. Dem trügen die bei der Belehrung von Gesetzes wegen zu beachtenden Formvor­schriften und inhaltlichen Anforderungen Rechnung. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben.

Dem würde die Wider­rufs­be­lehrung hier nicht gerecht. Hier betrage die Widerrufsfrist nämlich in Wirklichkeit einen Monat. Die insoweit unrichtige Belehrung sei daher in bestimmten Fällen (Zeitablauf von beispielsweise drei Wochen) geeignet, einen Verbraucher von der Geltendmachung seines ihm (noch) zustehenden Rechts auf Widerruf abzuhalten, da sie in ihm den Irrtum hervorruft, die Frist für einen Widerruf sei bereits abgelaufen.

Die Dauer der Widerrufsfrist betrage gemäß § 312 d Abs. 1 i.V. mit § 355 BGB grundsätzlich zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB). Abweichend davon sei die Widerrufsfrist einen Monat lang, wenn die in Textform mitzuteilende Wider­rufs­be­lehrung erst nach Vertrags­ab­schluss mitgeteilt werde (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dies gelte auch hier im Fall.

Die im Internet-Auftritt stehende "Belehrung" sei keine "Wider­rufs­be­lehrung in Textform", die dem Verbraucher "mitgeteilt" worden sei, führten die Richter aus.

Die Textform sei gemäß § 126 b BGB gewahrt, wenn die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben worden sei. Bei Texten, die in das Internet eingestellt würden, aber nicht beispielsweise per E-Mail übermittelt würden, sei die Textform im Sinne von § 126 b BGB nur gewahrt, wenn es tatsächlich zur Perpetuierung der Erklärung beim abrufenden Verbraucher komme (z.B. Ausdruck der Seite oder Download, d.h. Abspeicherung auf der eigenen Festplatte).

Außerdem sei die Formulierung, die Frist beginne frühestens mit Erhalt der Ware falsch. Anknüp­fungspunkt für den Fristbeginn sei in erster Linie gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB die Mitteilung der Wider­rufs­be­lehrung in Textform (weitere Anknüp­fungs­punkte finden sich in § 312 d Abs. 2 BGB). Eine Wider­ruf­be­lehrung in Textform sei - wie oben erläutert - mit der ins Internet gestellten Wider­rufs­be­lehrung hier noch nicht erfolgt. Also beginne die Frist "mit Erhalt der Ware" gemäß § 312 d Abs. 2 BGB nur dann, wenn der Verbraucher bis dahin auch die Wider­rufs­be­lehrung in Textform mitgeteilt bekommen habe.

Einen Verstoß gegen das Gebot, die Wider­rufs­be­lehrung deutlich zu gestalten, sah das Kammergericht nicht. Eine Hervorhebung erscheine gemäß § 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erforderlich, denn durch das Gebot gemäß § 312 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB sei hinreichend sichergestellt, dass dem Verbraucher eine Belehrung in ggf. hervorgehobener und deutlich gestalteter Form spätestens bei Erhalt der bestellten Ware mitgeteilt werde.

Die unklare Wider­rufs­be­lehrung sei unlauter und verstoße gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, da die angeführten Vorschriften zu den Unter­rich­tungs­pflichten im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regen sollen. Es handele sich auch nicht um einen Bagatellverstoß.

Quelle: ra-online

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