18.10.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 19335

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Urteil13.11.2012Kammergericht Berlin5 U 30/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR-RR 2013, 172Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 172
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Vorinstanz:
  • Landgericht Berlin, Urteil10.02.2012
ergänzende Informationen

Kammergericht Berlin Urteil13.11.2012

Wettbe­wer­bs­verstöße bei Haustür­ge­schäften: Geschäftsführer einer Vertriebs-GmbH haftet regelmäßig nur für eigene begangene Rechts­ver­let­zungen oder bei Kenntnis von Rechts­ver­let­zungen durch andereGrundsätzliche ausschließliche Haftung der GmbH für durch Mitarbeiter begangene Rechts­ver­let­zungen

Werden im Rahmen von Haustür­ge­schäften durch Mitarbeiter einer Vertriebs-GmbH Wettbe­wer­bs­verstöße begangen, so haftet dafür grundsätzlich nur die GmbH. Eine persönliche Haftung des Geschäfts­führers kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn er selbst die Rechts­ver­let­zungen begangen hat oder von solchen Kenntnis hat und die Möglichkeit besitzt, sie zu verhindern. Dies geht aus einer Entscheidung des Kammergerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Firma, welches Erdgas an Verbraucher vertrieb, beanstandete im Juli 2007 die Kundenwerbung einer konkurrierenden GmbH. Das Konkur­ren­z­un­ter­nehmen vertrieb ebenfalls Erdgas an Verbraucher und beauftragte zu diesem Zweck selbständige und regionale Handels­ver­treter. Diese setzten wiederum eigene oder freie Mitarbeiter zur Kundenwerbung ein. Die Mitarbeiter sollen nach Angaben der mahnenden Firma bei Haustür­ge­schäften den Verbrauchern erzählt haben, sie seien im Auftrag der Firma tätig bzw. es würden rechtliche oder geschäftliche Verbindungen zwischen der Vertriebs-GmbH und der Firma bestehen. Manchen Verbrauchern sei zudem zu Unrecht eine Gutschrift oder Preis­re­du­zierung im Fall eines Wechsels in Aussicht gestellt worden. Die Firma verklagte daher sowohl die konkurrierende Vertriebs-GmbH als auch deren Geschäftsführer auf Unterlassung.

Landgericht gab Klage statt

Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Seiner Ansicht nach habe nicht nur die GmbH, sondern auch der Geschäftsführer für die begangenen Wettbe­wer­bs­verstöße auf Unterlassung gehaftet. Denn dem Geschäftsführer habe die naheliegende Möglichkeit, dass die Werber den Verbrauchern falsche oder irreführende Angaben machen, bewusst sein und entsprechend handeln müssen. Gegen diese Entscheidung legte der Geschäftsführer der GmbH Berufung ein.

Kammergericht verneinte Anspruch auf Unterlassung gegenüber Geschäftsführer

Das Kammergericht entschied zu Gunsten des Geschäfts­führers. Der klägerischen Firma habe kein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 UWG gegenüber dem Geschäftsführer der GmbH zugestanden. Denn ein solcher hafte nur dann persönlich für einen Wettbewerbsverstoß, wenn er selbst eine Rechtsverletzung begeht oder wenn er von ihr Kenntnis hat und die Möglichkeit besitzt, diese zu verhindern. Der Geschäftsführer habe aber keinen Wettbe­wer­bs­verstoß begangen oder Kenntnis von den Aussagen der Werber gehabt.

Störerhaftung im Wettbe­wer­bsrecht abgeschafft

Der Geschäftsführer habe auch nicht als Störer gehaftet, so das Kammergericht weiter. Denn die Störerhaftung sei für das Wettbe­wer­bsrecht abgeschafft worden.

Keine Haftung wegen pflichtwidrigem Unterlassen

Aus Sicht des Kammergerichts habe der Geschäftsführer auch nicht wegen eines pflichtwidrigen Unterlassens gehaftet. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass er verpflichtet war Wettbe­wer­bs­verstöße zu verhindern. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die GmbH habe als Unter­neh­mens­in­haberin die Vertrie­bss­trukturen geschaffen. Sie sei daher in erster Linie verpflichtet gewesen durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass keine falschen oder irreführenden Angaben durch die Werber gemacht werden. Kommt es im Rahmen dieser Pflicht zu Organi­sa­ti­o­ns­mängeln, treffe dies auch primär die GmbH. An die der GmbH treffenden Pflicht ändere grundsätzlich auch nicht die Stellung als Geschäftsführer der GmbH.

Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäfts­führung begründete keine Pflicht zum Handeln

Eine Verpflichtung des Geschäfts­führers habe sich nach Auffassung des Kammergerichts auch nicht aus § 43 Abs. 1 GmbHG ergeben. Diese Vorschrift regele zwar die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäfts­führung, was auch beinhaltet dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt. Diese Pflicht bestehe aber grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft und nicht auch gegenüber außenstehenden Dritten.

Keine Übernahme von Schutzpflichten

Das Kammergericht hielt zwar eine Verpflichtung zur Verhinderung von Wettbe­wer­bs­ver­stößen für möglich, wenn der Geschäftsführer Loyalitäts- oder Schutzpflichten gegenüber anderen vertraglich übernommen hat. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Quelle: Kammergericht, ra-online (zt/GRUR-RR 2013, 172/rb)

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