Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Firma, welches Erdgas an Verbraucher vertrieb, beanstandete im Juli 2007 die Kundenwerbung einer konkurrierenden GmbH. Das Konkurrenzunternehmen vertrieb ebenfalls Erdgas an Verbraucher und beauftragte zu diesem Zweck selbständige und regionale Handelsvertreter. Diese setzten wiederum eigene oder freie Mitarbeiter zur Kundenwerbung ein. Die Mitarbeiter sollen nach Angaben der mahnenden Firma bei Haustürgeschäften den Verbrauchern erzählt haben, sie seien im Auftrag der Firma tätig bzw. es würden rechtliche oder geschäftliche Verbindungen zwischen der Vertriebs-GmbH und der Firma bestehen. Manchen Verbrauchern sei zudem zu Unrecht eine Gutschrift oder Preisreduzierung im Fall eines Wechsels in Aussicht gestellt worden. Die Firma verklagte daher sowohl die konkurrierende Vertriebs-GmbH als auch deren Geschäftsführer auf Unterlassung.
Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Seiner Ansicht nach habe nicht nur die GmbH, sondern auch der Geschäftsführer für die begangenen Wettbewerbsverstöße auf Unterlassung gehaftet. Denn dem Geschäftsführer habe die naheliegende Möglichkeit, dass die Werber den Verbrauchern falsche oder irreführende Angaben machen, bewusst sein und entsprechend handeln müssen. Gegen diese Entscheidung legte der Geschäftsführer der GmbH Berufung ein.
Das Kammergericht entschied zu Gunsten des Geschäftsführers. Der klägerischen Firma habe kein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 UWG gegenüber dem Geschäftsführer der GmbH zugestanden. Denn ein solcher hafte nur dann persönlich für einen Wettbewerbsverstoß, wenn er selbst eine Rechtsverletzung begeht oder wenn er von ihr Kenntnis hat und die Möglichkeit besitzt, diese zu verhindern. Der Geschäftsführer habe aber keinen Wettbewerbsverstoß begangen oder Kenntnis von den Aussagen der Werber gehabt.
Der Geschäftsführer habe auch nicht als Störer gehaftet, so das Kammergericht weiter. Denn die Störerhaftung sei für das Wettbewerbsrecht abgeschafft worden.
Aus Sicht des Kammergerichts habe der Geschäftsführer auch nicht wegen eines pflichtwidrigen Unterlassens gehaftet. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass er verpflichtet war Wettbewerbsverstöße zu verhindern. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die GmbH habe als Unternehmensinhaberin die Vertriebsstrukturen geschaffen. Sie sei daher in erster Linie verpflichtet gewesen durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass keine falschen oder irreführenden Angaben durch die Werber gemacht werden. Kommt es im Rahmen dieser Pflicht zu Organisationsmängeln, treffe dies auch primär die GmbH. An die der GmbH treffenden Pflicht ändere grundsätzlich auch nicht die Stellung als Geschäftsführer der GmbH.
Eine Verpflichtung des Geschäftsführers habe sich nach Auffassung des Kammergerichts auch nicht aus § 43 Abs. 1 GmbHG ergeben. Diese Vorschrift regele zwar die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, was auch beinhaltet dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt. Diese Pflicht bestehe aber grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft und nicht auch gegenüber außenstehenden Dritten.
Das Kammergericht hielt zwar eine Verpflichtung zur Verhinderung von Wettbewerbsverstößen für möglich, wenn der Geschäftsführer Loyalitäts- oder Schutzpflichten gegenüber anderen vertraglich übernommen hat. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.06.2014
Quelle: Kammergericht, ra-online (zt/GRUR-RR 2013, 172/rb)