Im Fall beantragte die Tochter des verstorbenen Erblassers die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin. Sie berief sich hierfür auf ein Testament, in welchem sie der Erblasser als Alleinerbin eingesetzt und ihrem Halbbruder nur den Pflichtteil zugedacht hatte. Diesen Antrag hatte das Nachlassgericht allerdings zurückgewiesen, nachdem die Antragstellerin der Aufforderung auf Einreichung der Sterbeurkunde des zwischenzeitlich verstorbenen Halbbruders und der Angabe des Namens und der Anschrift der Tochter des Halbbruders nicht nachgekommen war. Die Antragstellerin hatte dem Nachlassgericht lediglich mitgeteilt, dass ihr Halbbruder vor ca. vier Jahren verstorben ist, dieser eine Tochter habe, deren Name und Anschrift ihr aber nicht bekannt seien.
Die Erteilung des Erbscheins wurde vom Nachlassgericht (Amtsgericht) und vom Landgericht mit der Begründung abgelehnt, dass zuvor für den Fall der Ungültigkeit einer letztwilligen Verfügung diejenigen zu hören seien, die dann als gesetzliche Erben in Betracht kämen. Zu hören wäre demnach, da der Sohn des Erblassers verstorben wäre, dessen Tochter als dessen gesetzliche Erbin. Im Rahmen des Zumutbaren sei es Aufgabe der Antragstellerin die Sterbeurkunde des Bruders und die Anschrift der Tochter beizubringen.
Vor dem Kammergericht legte die Antragstellerin Beschwerde gegen die Versagung des Erbscheins ein. Zwar sei grundsätzlich eine Anhörung der gesetzlichen Erben gemäß Art. 103 Abs. 1 GG als unmittelbar geltendes Verfassungsrecht im Erbscheinsverfahren zu berücksichtigen; jedoch folge aus der grundsätzlichen Pflicht der Anhörung nicht die uneingeschränkte Verpflichtung des Antragsstellers eine derartige Anhörung durch die Vorlage von Urkunden und Ermittlungen hinsichtlich des Vorhandenseins von gesetzlichen Erben zu ermöglichen. Welche Unterlagen vorzulegen und welche Angaben der einen Erbschein beantragende Beteiligte zu machen habe, ergebe sich aus §§ 2354 bis 2356 BGB. Weitergehende Ermittlungspflichtungen habe ein Antragsteller nicht.
Die Vorlage einer Sterbeurkunde des Halbbruders und die Ermittlung der möglicherweise vorhandenen Tochter könne von der Antragstellerin nicht verlangt werden. Die Antragstellerin habe lediglich Mitwirkungspflichten. Sie müsse z.B. mitteilen, aufgrund welcher Tatsachen sie zu den Behauptungen gelangt sei, dass ihr Bruder verstorben ist und eine Tochter habe.
Vorinstanz:
LG Berlin II, AG Neukölln