21.11.2024
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Dokument-Nr. 30339

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Urteil01.06.2021Hessisches LandessozialgerichtL 3 U 131/18
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Hessisches Landessozialgericht Urteil01.06.2021

EHEC-Infektion ist kein ArbeitsunfallVorhalten einer Betriebskantine begründet keinen Versi­che­rungs­schutz wegen einer

Eine Infektion mit einem Erreger, die zu einer behandlungs­bedürftigen Erkrankung führt, stellt einen Unfall im Sinne der Gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung dar. Die Erkrankung ist jedoch nur dann als Arbeitsunfall anzuerkennen, wenn sich die Infektion bei einer versicherten Tätigkeit ereignet hat. Bei einer Versicherten, die sich mit dem EHEC-Erreger infiziert hat, ist dies nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen. Eine Infektion bei der Nahrungs­aufnahme begründe keinen Arbeitsunfall, da es sich insoweit um eine private Verrichtung handele, für die kein Unfall­versicherungs­schutz bestehe. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Eine 1968 geborene Versicherte erkrankte im Mai 2011 an einer EHEC-Infektion und musste in der Folge inten­siv­pflichtig stationär behandelt werden. Der EHEC-Erreger war mit hoher Wahrschein­lichkeit über aus Ägypten bezogenen Bocks­horn­kleesamen nach Deutschland in einen Gartenbetrieb gelangt. Die Sprossen wurden auch an die Kantine des Betriebs geliefert, in welchem die versicherte Frau aus Frankfurt am Main als Wirtschafts­prüferin beschäftigt ist. Die Versicherten beantragte die Anerkennung als Arbeitsunfall. Sie habe sich entweder in der Kantine oder im Rahmen einer Schmie­r­in­fektion im Betrieb infiziert. Zahlreiche weitere Mitarbeiter hätten sich ebenfalls infiziert.

Nahrungs­aufnahme in Betriebskantine keine versicherte Tätigkeit

Die Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnte den Antrag ab. Es sei nicht bewiesen, dass sich die Versicherte am Arbeitsplatz infiziert habe. Die Nahrungs­aufnahme gehöre nicht zu den unfall­ver­si­cherten Tätigkeiten. Sollte sich die Versicherte durch Kontakt mit Kollegen infiziert haben, sei die Unfall­kau­salität ebenfalls zu verneinen. Bei allgemein wirkenden Gefahren (z.B. Ansteckung mit Grippeviren, Epidemien) fehle es am rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

LSG: Nachweis der Infektion im Rahmen versicherter Tätigkeit fehlt

Das LSG hat die Klage nunmehr auch in der Berufungs­instanz zurückgewiesen. Es sei nicht im Vollbeweis nachgewiesen, dass die Versicherte im Zeitpunkt des Unfalls – also im Moment der EHEC-Infektion – einer Verrichtung nachgegangen sei, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Eine (Primär-)Infektion der Versicherten in der Kantine sei zwar ein ernsthaft möglicher Gesche­hens­ablauf. Bei der Nahrungs­aufnahme in der Betriebskantine handele es sich regelmäßig aber nicht um eine versicherte Tätigkeit. Dies gelte auch, wenn der Arbeitgeber – wie im Falle der Versicherten – einen Kostenzuschuss gewähre. Eine (Sekundär-) Infektion im näheren Büroumfeld z.B. durch eine Schmie­r­in­fektion im Rahmen einer versicherten Tätigkeit sei nicht nachgewiesen.

Infektion als allgemeines Lebensrisiko

Darüber hinaus sei ein Arbeitsunfall auch nicht aufgrund einer besonderen, dem Arbeitgeber der Versicherten zuzurechnenden Betriebsgefahr anzuerkennen. Die Kantine wird von einem Dritten betrieben, so dass der Arbeitgeber der Versicherten insoweit keine besondere, typische Betriebsgefahr eröffnet habe. Bei einer etwaigen Infektion in den betrieblichen Räumen hätte sich im Übrigen allenfalls ein allgemeines Lebensrisiko, nicht aber ein besonderes betriebliches Risiko realisiert. Zwar sei die statistische Wahrschein­lichkeit einer Infektion in den betroffenen Betriebsräumen höher gewesen als außerhalb dieser Firma. Denn es hätten sich dort zahlreiche Mitarbeiter infiziert und es sei nicht auszuschließen, dass diese auch noch nach Ausbruch der Krankheit den Erreger im Büro verbreitet hätten. Dies ändere jedoch nichts an der Bewertung als allgemeines Lebensrisiko, da insofern nichts anderes gelte als für jeden anderen Ausbruchsort des Infek­ti­o­ns­ge­schehens.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht, ra-online (pm/aw)

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