18.10.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 30931

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Hessisches Landessozialgericht Urteil13.10.2021

Querschnitts­gelähmter Versicherter hat Anspruch auf HandbikeGewährung des Hilfsmittels ermöglicht Bewegungs­möglichkeit ohne fremde Hilfe

Versicherte haben gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen. Hierzu kann im Fall eines querschnitts­gelähmten Versicherten ein Handbike gehören. Dies entschied in einem das Hessischen Landes­so­zi­al­gericht.

Ein 1958 geborener Versicherter aus dem Wetteraukreis ist infolge eines mit 20 Jahren erlittenen Unfalls querschnittsgelähmt und mit einem Faltrollstuhl ausgestattet. Er beantragte gegenüber der Krankenkasse die Versorgung mit einem Handbike - einer elektrischen Rollstuhl­zughilfe mit Handkur­bel­un­ter­stützung, welche an den Faltrollstuhl angekoppelt werden kann. Ohne dieses Hilfsmittel könne er Bordsteinkanten nicht überwinden sowie Gefällstrecken nicht befahren und daher nur unzureichend am öffentlichen Leben teilnehmen. Auch fördere es seine Beweglichkeit und reduziere Muskel­ver­span­nungen im Schulter-Arm-Bereich. Zudem könne er das Handbike selbstständig an den Faltrollstuhl ankoppeln.

Krankenkasse lehnte Versorgung mit gewünschten Handbike ab

Um einen Elektrorollstuhl, den die Krankenkasse ihm angeboten hatte, nutzen zu können, sei er hingegen auf eine entsprechend qualifizierte Hilfskraft angewiesen, die ihn beim Umsetzen unterstütze. Die Krankenkasse lehnte die Versorgung mit dem ca. 8.600 € teuren Hilfsmittel ab. Der Kläger könne sich den Nahbereich mit den vorhandenen Hilfsmitteln und dem angebotenen Elektro­rollstuhl (Kosten ca. 5.000 €) ausreichend erschließen.

LSG: Behin­de­rungs­aus­gleich mittels Hilfsmittel nicht auf Basisausgleich beschränkt

Die Richter beider Instanzen bejahten einen Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit der begehrten elektrischen Rollstuhl­zughilfe. Versicherte hätten Anspruch auf Hilfsmittel zum Behin­de­rungs­aus­gleich. Das Grundbedürfnis nach Mobilität sei durch Erschließung des Nahbereichs zu ermöglichen. Hierbei sei insbesondere das gesetzliche Teilhabeziel, ein selbst­be­stimmtes und selbstständiges Leben zu führen, zu beachten. Der Behin­de­rungs­aus­gleich mittels Hilfsmittel sei nicht auf einen Basisausgleich beschränkt.

Handbike ermöglicht Bewegung ohne fremde Hilfe

Der Versicherte sei nicht im Hinblick auf das Wirtschaft­lich­keitsgebot auf den von der Krankenkasse angebotenen Elektro­rollstuhl zu verweisen. Denn diesen könne er nur nutzen, wenn er von einer Pflegekraft entsprechend umgesetzt werde. Der querschnitts­ge­lähmte Mann habe keine Greifkraft in den Händen, mit welcher er beim Befahren z.B. von Bordsteinkanten die erforderlichen Kippbewegungen des Rollstuhls ausführen und auf Gefällstrecken bremsen könnte. Mit dem motorisierten Handbike sei es ihm hingegen möglich, Bordsteinkanten und andere Hindernisse zu überwinden. Auch könne er das Handbike ohne fremde Hilfe direkt an den Faltrollstuhl anbringen. Bei anderen von der Krankenkasse angebotenen Rollstuhl­zug­hilfen sei er hingegen für die Montage auf fremde Hilfe angewiesen. Damit lägen keine Anzeichen dafür vor, dass eine Versorgung mit einem Handbike das Maß des Notwendigen überschreite.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht, ra-online (pm/ab)

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