15.11.2024
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Dokument-Nr. 5649

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Urteil21.02.2008Hessischer Verwaltungsgerichtshof Kassel3 UE 191/07.A
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Kassel Urteil21.02.2008

Kein Abschie­bungs­schutz für Flüchtlinge aus Tschetschenien

Flüchtlinge aus Tschetschenien, die der tschet­sche­nischen Volksgruppe angehören, können nach gegenwärtiger Erkenntnislage ohne Gefahr für Leib und Leben in ihr Heimatland zurückkehren, sofern ihnen nicht eine tatsächliche oder eine unterstellte frühere Mitwirkung bzw. Einbindung bei den Rebellentruppen oder im Regime Machadov entge­gen­ge­halten werden kann.

Mit dieser Begründung änderte der 3. Senat des Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshofs eine anders lautende Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main vom September 2003 sowie eine eigene anders lautende Berufungs­ent­scheidung vom Februar 2006 ab, mit denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Feststellung eines Abschie­bungs­verbotes nach Tschetschenien verpflichtet worden war. Die erneute Verhandlung vor dem Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshof war notwendig geworden, nachdem das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die Rechtssache aufgrund der vom Bundesamt gegen das Berufungsurteil vom Februar 2006 eingelegten Revision zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere der aktuellen Sicherheitslage in Tschetschenien zurückverwiesen hatte.

Geklagt haben eine Frau und ihre heute 15 und 17 Jahre alten Kinder, die im Herbst 2000 aus Tschetschenien geflüchtet waren. Zwar ist der hessische Verwal­tungs­ge­richtshof der Auffassung, dass nach der damaligen Auskunfts- und Erkenntnislage tschet­sche­nische Volkszugehörige aus Tschetschenien im Herbst des Jahres 2000 vorverfolgt aus ihrer Heimatregion Tschetschenien ausgereist sind und auch noch im Februar 2006 verfolgt waren, da dort ihr Leben und ihre Freiheit allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe ethnischer Tschetschenen aus Tschetschenien unmittelbar durch staatliche Stellen bedroht war. Aufgrund von nunmehr eingeholten, aktuelleren Auskünfte über die Situation in Tschetschenien kommt der erkennende Senat heute jedoch zu einer gegenteiligen Einschätzung der Sicherheitslage. Nach den hierzu vom Gericht im Wege einer Beweiserhebung eingeholten Erkenntnissen sprechen gegenwärtig stichhaltige Gründe dagegen, dass tschet­sche­nische Volkszugehörige in Tschetschenien heute erneut von einer staatlichen Verfolgung oder einer anderen Gefahr für Leib und Leben bedroht sein werden. Insoweit haben sich die Sicherheitslage und die allgemeine Lebenssituation in Tschetschenien nach den hierzu vom erkennenden Gericht eingeholten Auskünften sowohl im Vergleich zum Ausrei­se­zeitpunkt der Kläger im Herbst 2000 als auch zum vormaligen Entschei­dungs­zeitpunkt im Februar 2006 maßgeblich verändert.

Aufgrund dieser veränderten Sicher­heits­si­tuation können die Kläger nach diesem Urteil des Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshofs einen Abschie­bungs­schutz auch nicht deshalb erreichen, weil sich die rechtliche Situation vor dem Hintergrund des seit 10. Oktober 2006 unmittelbar geltenden europäischen Flücht­lings­rechts (sog. "Quali­fi­ka­ti­o­ns­richtlinie") geändert und grundsätzlich zu einer für Flüchtlinge günstigeren Rechtslage sowie zu einer Verein­heit­lichung der im Flücht­lingsrecht geltenden rechtlichen Beurtei­lungs­maßstäbe geführt hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 6/2008 des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21.02.2008

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