03.12.2024
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Dokument-Nr. 3439

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Urteil01.12.2006Hamburgisches VerfassungsgerichtHVerfG 1/06
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Hamburgisches Verfassungsgericht Urteil01.12.2006

Urteil im Verfas­sungs­streit wegen Hamburger PUA "Infor­ma­ti­o­ns­wei­tergabe"Erweiterung des Unter­su­chungs­auf­trages ist nicht verfas­sungs­widrig

Die von der Hamburger CDU-Fraktion angestrebte Ausweitung des Parla­men­ta­rischen Unter­su­chungs­aus­schusses (PUA) zur so genannten Protokollaffäre ist nicht verfas­sungs­widrig. Das hat das Hamburgische Verfas­sungs­gericht entschieden. Der Unter­su­chungs­aus­schuss befasst sich mit Fehlern, die bei einem ersten Unter­su­chungs­aus­schuss, der sich mit der Unterbringung von straffälligen Jugendlichen im geschlossenen Heim in der Feuerbergstraße befasste, entstanden sind. Vertrauliche Akten aus diesem Ausschuss waren an Behörden und externe Personen weitergegeben worden. Der PUA soll die Weitergabe und den möglichen Missbrauch dieser Akten prüfen.

In der Verfas­sungs­streitsache von 58 Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft (Michael Neumann, Christa Goetsch u.a.) gegen die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg hat das Hamburgische Verfas­sungs­gericht den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen.

Gegenstand des Verfahrens war die mit den Stimmen der Mehrheits­fraktion von der Bürgerschaft beschlossene Erweiterung des Unter­su­chungs­ge­gen­standes des Parla­men­ta­rischen Unter­su­chungs­aus­schusses (PUA) "zur Weitergabe von vertraulichen Dokumenten des PUA ‚Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße' an den Senat" auf die Untersuchung der Weitergabe an "Dritte". Die Antragsteller begehrten die Feststellung der Verletzung von Art. 26 Abs. 1 Hamburgische Verfassung (HV) in Ver-bindung mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Unter­su­chungs­aus­schüsse der Hamburgischen Bürgerschaft (UAG) sowie der Nichtigkeit des Erwei­te­rungs­be­schlusses der Bürgerschaft.

Der Präsident des Hamburgischen Verfas­sungs­ge­richts Wilhelm Rapp führte in der mündlichen Urteils­be­gründung aus:

Mit dem Recht auf Einsetzung eines parla­men­ta­rischen Unter­su­chungs­aus­schusses nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 HV allein sei das Kontrollrecht nicht gewährleistet. Seine ungehinderte Ausübung insbesondere bei Minder­heits­en­queten setze vielmehr weitere Sicherungen voraus. So müsse es vor allem der Minderheit überlassen bleiben, den Gegenstand der von ihr beantragten Untersuchung festzulegen. Dementsprechend könne der in einem Minder­heits­antrag festgelegte Unter­su­chungs­auftrag gegen den Willen der Antragsteller jedenfalls dann nicht erweitert werden, wenn dadurch der Kern des Unter­su­chungs­ge­gen­standes berührt werde oder wenn eine wesentliche Verzögerung zu erwarten sei. Keine dieser Voraussetzungen sei indes erfüllt.

Zum einen führe der Erwei­te­rungs­be­schluss nicht zu einer Verschiebung des bisherigen Unter­su­chungs­themas oder einer Verkehrung des Unter­su­chungsziels in sein Gegenteil. Vielmehr betreffe der Erwei­te­rungs­be­schluss nach seinem Wortlaut eben-falls den Umgang mit den Unterlagen des PUA Feuerbergstraße in dessen und der Bürgerschaft Verant­wor­tungs­bereich. Er beziehe lediglich weitere Fragen oder Personen bei demselben Unter­su­chungs­komplex desselben Zeitraums unter derselben Organ­ver­ant­wortung ein.

Zum anderen sei keine wesentliche Verzögerung der Untersuchung durch den Erwei­te­rungs­be­schluss zu erwarten. Dabei stütze sich das Verfas­sungs­gericht auf eine Prognose der Unter­su­chungsdauer ohne und mit der Erweiterung bei Würdigung der Gesamtumstände. Die Gegen­über­stellung der Beweisaufnahme- und Zeitplanungen und der Restdauer der Legis­la­tur­periode spreche dafür, dass durch die Erweiterung keine wesentliche, sondern allenfalls eine unbedeutende Verzögerung zu erwarten ist.

Dem Urteil, das mit sieben zu zwei Stimmen ergangen ist, ist eine abweichende Meinung beigefügt, in der zwei Mitglieder des Verfas­sungs­ge­richts ausführen, dass der Erwei­te­rungs­be­schluss nach ihrer Meinung die durch Art. 26 Abs. 1 HV geschützten Minder­heits­rechte der Antragsteller verletzten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Hamburgischen Verassungsgerichts vom 01.12.2006

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