18.10.2024
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Dokument-Nr. 20513

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Gericht der Europäischen Union Urteil21.01.2015

Kommission durfte Beschwerde von easyJet gegen Flugha­fen­ge­bühren wegen bereits erfolgter Behandlung der Sache durch niederländische Wettbe­wer­bs­behörde zurückweisenGericht der Europäischen Union konkretisiert Funktionsweise des Europäischen Netzes der Wettbe­wer­bs­be­hörden

Die Kommission durfte die Beschwerde von easyJet gegen die Gebührenordnung des Flughafens Schiphol mit der Begründung zurückweisen, dass sie bereits von einer nationalen Wettbe­wer­bs­behörde behandelt worden sei. Dies entschied das Gericht der Europäischen Union und konkretisierte damit die Funktionsweise des Europäischen Netzes der Wettbe­wer­bs­be­hörden.

Die easyJet Airline Co. Ltd ist eine Fluggesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich, die innerhalb der Europäischen Union eine umfangreiche Geschäft­s­tä­tigkeit ausübt, wobei sie zum Abflug und zur Ankunft insbesondere den Flughafen Amsterdam-Schiphol (Niederlande) nutzt.

EasyJet erhebt Beschwerde bei nieder­län­discher Wettbe­wer­bs­behörde wegen Fluggast- und Sicher­heits­ge­bühren

Im Jahr 2008 erhob easyJet bei der nieder­län­dischen Wettbewerbsbehörde Beschwerden auf der Grundlage von Bestimmungen des nationalen Luftfahrt­ge­setzes und des Wettbe­wer­bs­ge­setzes. Diese Beschwerden waren gegen die Luchthaven Schiphol NV als Betreiberin des Flughafens Amsterdam-Schiphol gerichtet und betrafen die Fluggast­ge­bühren und die Sicher­heits­ge­bühren.

Niederländische Wettbe­wer­bs­behörde weist Beschwerden zurück

Die niederländische Wettbe­wer­bs­behörde wies in ihren Entscheidungen diese Beschwerden zurück, wobei sie sich auf das niederländische Luftfahrtgesetz stützte und ihre Politik der Setzung von Prioritäten anwandte, die es ihr erlaubt, den von ihr behandelten Fällen einen jeweils unter­schied­lichen Prioritätsgrad zuzuweisen. Diese Entscheidungen erlangten nach nationalem Recht Bestandskraft.

EasyJet reicht Beschwerde bei der Kommission ein

Am 14. Januar 2011 reichte easyJet bei der Kommission eine Beschwerde ein. EasyJet machte geltend, dass die von Schiphol festgesetzten Gebühren diskriminierend und überschießend sein und einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt darstellten. Sie verwies auf die bei der nieder­län­dischen Wettbe­wer­bs­behörde eingereichten Beschwerden und machte geltend, dass diese Behörde keine endgültige Entscheidung über die wettbe­wer­bs­rechtliche Begründetheit ihrer Beschwerde erlassen habe.

Kommission weist Beschwerde wegen bereits erfolgter Behandlung durch niederländische Wettbe­wer­bs­behörde zurück

Am 3. Mai 2013 wies die Kommission die Beschwerde insbesondere deswegen zurück, weil sie bereits von einer nationalen Wettbe­wer­bs­behörde behandelt worden sei. Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003* bestimmt nämlich, dass die Kommission eine Beschwerde wegen wettbe­wer­bs­widrigen Verhaltens zurückweisen kann, wenn diese Beschwerde bereits von einer Wettbe­wer­bs­behörde eines Mitgliedstaats behandelt worden ist. EasyJet hat gegen die Zurückweisung seiner Beschwerde Klage beim Gericht der Europäischen Union erhoben.

Kommission war zur Zurückweisung der Beschwerde berechtigt

In seinem Urteil weist das Gericht der Europäischen Union zunächst darauf hin, dass die Kommission bei der Anwendung von Art. 13 der Verordnung Nr. 1/2003 über einen weiten Beurtei­lungs­spielraum verfügt und folglich die gerichtliche Kontrolle in diesem Zusammenhang auf die Überprüfung gerichtet ist, ob die Entscheidung der Kommission nicht auf unzutreffenden Tatsa­chen­fest­stel­lungen beruht und ob die Kommission keinen Rechtsfehler, offen­sicht­lichen Beurtei­lungs­fehler oder Ermes­sens­miss­brauch begangen hat, als sie davon ausgegangen ist, dass eine Wettbe­wer­bs­behörde eines Mitgliedstaats eine Beschwerde bereits behandelt habe. Die Kontrolle von Entscheidungen der Wettbe­wer­bs­be­hörden der Mitgliedstaaten ist dagegen allein Sache der nationalen Gerichte, denen bei der Anwendung der Wettbe­wer­bs­vor­schriften der Union eine wesentliche Aufgabe zukommt.

Kommission darf eine zuvor von der Wettbe­wer­bs­behörde aus Priori­täts­gründen zurückgewiesene Beschwerde abweisen

Dem Gericht zufolge kann die Kommission eine zuvor von einer Wettbe­wer­bs­behörde eines Mitgliedstaats aus Priori­täts­gründen zurückgewiesene Beschwerde zurückweisen. Dies kann nämlich aus einer Wortauslegung der betreffenden Bestimmung abgeleitet werden, die jegliche von einer anderen Wettbe­wer­bs­behörde geprüfte Beschwerde erfasst, ganz gleich wie die Prüfung ausgegangen ist. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 1/2003. Die Kommission kann nämlich eine Beschwerde zurückweisen, wenn sie von einer anderen Wettbe­wer­bs­behörde eines Mitgliedstaats behandelt wird. Es zeigt sich somit, dass es nicht auf den Ausgang der von der Wettbe­wer­bs­behörde vorgenommenen Prüfung ankommt, sondern darauf, dass die Beschwerde von dieser Behörde geprüft worden ist.

Schließlich stimmt die vorgenommene Auslegung auch mit einem der Hauptziele der Verordnung Nr. 1/2003 überein, nämlich der Einführung eines wirksamen dezentralen Systems der Anwendung der Wettbe­wer­bs­regeln der Union. Das Gericht führt zudem aus, dass die Kommission die Zurückweisung einer Beschwerde darauf stützen kann, dass eine Wettbe­wer­bs­behörde eines Mitgliedstaats diese Beschwerde zuvor infolge einer Prüfung zurückgewiesen hat, die sich auf Schluss­fol­ge­rungen gründet, zu denen sie im Rahmen einer hinsichtlich anderer Bestimmungen des nationalen Rechts durchgeführten Untersuchung gelangt ist, vorausgesetzt, diese Prüfung ist hinsichtlich der Regeln des Wettbe­wer­bs­rechts der Union vorgenommen worden.

Nationale Behörde hat Anliegen von easyJet ausreichend beurteilt

Im vorliegenden Fall ist das Gericht – ohne die Begründetheit der Entscheidung der nationalen Wettbe­wer­bs­behörde, das von ihr angewandte Verfahren oder die von ihr herangezogene Methodik zu beurteilen – der Auffassung, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass die nationale Behörde die Beschwerde auf Grundlage der Wettbe­wer­bs­regeln der Union behandelt hat. Die nationale Behörde hat nämlich insbesondere angegeben, inwieweit die Schluss­fol­ge­rungen der hinsichtlich des nieder­län­dischen Luftfahrtrechts geführten Untersuchung für ihre auf das Wettbe­wer­bsrecht gegründete Prüfung relevant waren: So hat sie die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Regelungen beschrieben, die Gleich­wer­tigkeit der betroffenen Dienst­leis­tungen verglichen und den durch die Gebührenordnung des Flughafens Schiphol verursachten Wettbe­wer­bs­nachteil beurteilt. Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission daher zu Recht angenommen, dass die nationale Behörde die Verhält­nis­mä­ßigkeit zwischen den Gebühren und den Kosten geprüft, die Gebühren mit jenen anderer internationaler Flughäfen verglichen und die Gebühren in Anbetracht der Qualität der an easyJet erbrachten Dienstleistung beurteilt hatte.

Quelle: Gericht der Europäischen Union/ra-online

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