15.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 3085

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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil29.08.2006

Vom Arbeitgeber übernommene Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge für Saiso­n­a­r­beits­kräfte sind steuer­pflichtiger Arbeitslohn

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zu der Frage Stellung genommen, ob die vom Arbeitgeber getragenen Versi­che­rungs­beiträge für die Kranken­ver­si­cherung der ausländischen Saiso­n­a­r­beits­kräfte als Arbeitslohn anzusehen sind.

Der Kläger beschäftigte aufgrund eines formularmäßig ausgestalteten Arbeits­ver­trages im Sinne der Anwer­be­stop­paus­nah­me­ver­ordnung polnische Saiso­n­a­r­beits­kräfte. Diese Arbeitnehmer unterlagen in den Streitjahren 2000 bis 2002 nicht der Sozia­l­ver­si­che­rungs­pflicht (Beschäftigung nicht mehr als 2 Monate oder 50 Arbeitstage). Der Arbeitgeber war nach dem o.g. Arbeitsvertrag aber verpflichtet, auf seine Kosten eine vergleichbare private Kranken­ver­si­cherung für den ausländischen Arbeit­neh­merkreis abzuschließen.

Im Rahmen einer Lohnsteu­er­au­ßen­prüfung wurden die vom AG getragenen Versi­che­rungs­beiträge als Arbeitslohn angesehen. Im Anschluss an die Prüfung erließ das Finanzamt gegen den Arbeitgeber einen Haftungs­be­scheid.

Die dagegen gerichtete Klage wurde u. a. dahin begründet, soweit keine Kranken­ver­si­che­rungs­pflicht bestehe, müsse der Arbeitgeber auf seine Kosten eine vergleichbare private Kranken­ver­si­cherung abschließen. Andernfalls trage er das volle finanzielle Risiko im Krankheitsfall. Die Bundesagentur für Arbeit weise auf diese Rechtslage hin. Die Beiträge zur Kranken­ver­si­cherung seien kein Arbeitslohn, sie seien keine Gegenleistung für die geleistete Arbeit, sondern eine Leistung, die der Arbeitgeber ganz überwiegend im eigen­be­trieb­lichen Interesse erbringe. Versi­che­rungs­nehmer sei auch nur der Arbeitgeber.

Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte u. a. aus, im Streitfall sei die Zahlung der Beiträge durch den Arbeitgeber als ein der Lohnsteuer unterliegender geldwerter Vorteil für die Arbeitnehmer - also Arbeitslohn - zu sehen. Es sei nämlich von einem hinreichend konkretisierten Anspruch der Arbeitnehmer auf die Versi­che­rungs­leis­tungen auszugehen. Im Regelfall könne der versicherte Arbeitnehmer die Leistung der Kranken­ver­si­cherung an sich verlangen. Dem entspreche auch die tatsächliche Handhabung im Streitfall. Der Beurteilung, dass die Beitrags­zah­lungen Lohn darstellen würden, stehe nicht entgegen, dass der Kläger ein erhebliches eigen­be­trieb­liches Interesse am Abschluss der Kranken­ver­si­cherung gehabt habe. Arbeitslohn könne nur dann nicht angenommen werden, wenn der Arbeitgeber ein ganz überwiegendes eigen­be­trieb­liches Interesse an der Leistung habe und der Vorteil des Arbeitnehmer dem gegenüber nur als gering erscheine. Im Streitfall jedenfalls habe das eigen­be­triebliche Interesse nicht ein solches Übergewicht, dass dahinter der Vorteil der Arbeitnehmer als unmaßgeblich zurücktrete. Es dürfe nicht unberück­sichtigt bleiben, dass die Leistung auch für die Arbeitnehmer von erheblichem Wert sei und ihnen entsprechende Aufwendungen erspare. Die Kranken­ver­si­che­rungs­beiträge seien auch nicht steuerfrei, da es sich nicht um Beiträge zur gesetzlichen Sozia­l­ver­si­cherung handele. Es bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung zur Versicherung ausländischer Saison-Arbeitskräfte. Die Notwendigkeit zur Versicherung ergebe sich nur aus dem faktischen Zwang, dass ohne Versicherung eine Beschäftigung nicht möglich sei, da ansonsten die Aufent­halts­ge­neh­migung und die Arbeits­er­laubnis verweigert würden. Da Polen in den Streitjahren noch nicht der EU angehörte musste sich der entscheidende Senat nicht mit der Frage befassen, ob in der Lohnsteu­er­pflicht der Kranken­ver­si­che­rungs­prämien eine Diskriminierung von Arbeitnehmer aus anderen EU-Mitglieds­s­taaten liegt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 15.09.2006

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