23.11.2024
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Urteil28.07.2005Finanzgericht Rheinland-Pfalz6 K 2422/04
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil28.07.2005

Kinder­geld­zahlung trotz bereits bestandener PrüfungMit der Ablegung einer (akademischen) Prüfung muss die - zum Bezug von Kindergeld berechtigende - Berufs­aus­bildung nicht in jedem Falle beendet sein.

Mit einem aktuellen Urteil zum Kindergeldrecht hat sich das FG Rheinland-Pfalz zu der Frage geäußert, ob die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung in jedem Fall als Abschluss der Berufs­aus­bildung angesehen werden muss.

Der Hintergrund des Verfahrens liegt darin, dass für in Berufs­aus­bildung befindliche Kinder (bis zum 27. Lebensjahr) Kindergeld gewährt werden kann. Nach Beendigung der Berufs­aus­bildung kann für Kinder, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, grundsätzlich kein Kindergeld mehr geleistet werden, auch wenn sie arbeitslos sind.

Im Streitfall hatte die 1977 geborene Tochter des Klägers im November 2003 die Diplom-Hauptprüfung an einer Universität im Fach Psychologie mit der Note 'sehr gut' bestanden. In der Folgezeit war sie bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet. Die Tochter hatte kein eigenes Einkommen und wurde vom Kläger weiter finanziell unterhalten. Sie war weiterhin für das Sommersemester an der Universität eingeschrieben und besuchte verschiedene Lehrver­an­stal­tungen. Mit Bescheinigung eines Univer­si­täts­in­stitutes wurde der Tochter bescheinigt, dass die Lehrver­an­stal­tungen sie zusätzlich für die angestrebte Tätigkeit als Diplom-Psychologin qualifizierten. Die Teilnahme an weiteren Fortbil­dungs­maß­nahmen wurde bis Dezember 2004 von der Agentur für Arbeit mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert.

Mit Bescheid vom August 2004 hob die auch für das Kindergeld zuständige Agentur für Arbeit die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter ab Dezember 2003 auf und forderte das bis April 2004 gezahlte Kindergeld zurück. Das wurde damit begründet, dass die Berufs­aus­bildung der Tochter mit der erfolgreichen Prüfung im November 2003 beendet worden sei. Aufgrund des Abschlusses des Studiums sei sie befähigt, einen Beruf auszuüben. Die nach Studi­e­n­ab­schluss aufgenommenen Aktivitäten der Tochter seien nicht notwendig gewesen, um den Beruf einer Diplom-Psychologin auszuüben.

Die dagegen angestrengte Klage war jedoch erfolgreich.

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, ein Univer­si­täts­s­tudium sei zwar regelmäßig erst in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem eine nach dem einschlägigen Prüfungsrecht zur Feststellung des Studienerfolges vorgesehene Prüfungs­ent­scheidung ergangen sei, weil der Eintritt in einen der akademischen Ausbildung entsprechenden Beruf im Regelfall erst dann möglich sei, wenn die zur Feststellung des Studienerfolges vorgesehene Prüfungs­ent­scheidung vorliege. Das bedeute aber im Umkehrschluss nicht zwangsläufig, dass eine Ausbildung mit dem Absolvieren einer akademischen Prüfung auch immer abgeschlossen sein müsse. Offensichtlich sei die mit der Note 'sehr gut' erfolgreiche Prüfung allein nicht ausreichend gewesen, eine Anstellung zu finden. Tatsächlich seien für die Berufsausübung weitere Quali­fi­ka­ti­o­ns­merkmale notwendig gewesen. Daher dienten die von der Tochter ergriffenen Maßnahmen auch dazu, sie weiter für die Ausübung eines Berufs zu qualifizieren und seien deswegen noch der Berufs­aus­bildung zuzurechnen.

Das FG Rheinland-Pfalz fügte weiter hinzu, unter arbeits­ma­rkt­po­li­tischen Gesichtspunkten sei die Vorgehensweise der Tochter sogar sinnvoll, nämlich zunächst durch ein frühes Ablegen der Diplomprüfung eine zielgerichtete Vorgehensweise zu dokumentieren und die Mindest­vor­aus­set­zungen für eine Anstellung in dem erstrebten Beruf frühzeitig zu schaffen. Es könne dem Kläger (Vater) aber nicht zum Nachteil gereichen, wenn seine Tochter diese Mindest­vor­aus­set­zungen durch weitere Quali­fi­ka­ti­o­ns­maß­nahmen ergänze, soweit die Erfahrung zeige, dass sie - die Mindest­vor­aus­set­zungen - allein für eine Anstellung nicht ausreichend seien. In diesem Falle sei die Berufs­aus­bildung nicht bereits mit dem Ablegen einer Prüfung, sondern erst mit den weiteren Quali­fi­zie­rungs­maß­nahmen abgeschlossen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11.08.2005

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