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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil01.04.2008
Voller Umsatzsteuersatz für Fleischwurstverkauf zum Verzehr auf WochenmarktVerzehr erfolgt an Ort und Stelle
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zu der Frage Stellung genommen, welcher Umsatzsteuersatz (voller Steuersatz oder Regelsteuersatz damals 16 % oder ermäßigter Satz 7 % ) gilt, wenn verzehrfertige Lebensmittel auf Wochenmärkten abgegeben werden.
Der Kläger besuchte mit seinem Verkaufwagen verschiedene Wochenmärkte und bot dort Wurstwaren zum Verkauf an. Seine Umsätze versteuerte er nach dem für Lebensmittel geltenden ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %.
Nach Durchführung einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu der Ansicht, dass die zum Verzehr an Ort und Stelle abgegebenen Portionen - warme Fleischwurst und Wurstsuppe - als Restaurationsumsätze mit dem Regelsteuersatz von (damals) 16 % zu versteuern seien. Da der Kläger seine Aufzeichnungen nicht getrennt (nach Restaurationsumsätzen und nach üblichen Lebensmittelverkäufen) geführt hatte, wurden die Restaurationsumsätze geschätzt und der bereits ergangene Umsatzsteuerbescheid 2001 entsprechend geändert, was zu einer steuerlichen Mehrbelastung von rd. 4.000.- € führte.
Die dagegen angestrengte Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, ein Restaurationsumsatz sei durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil aus der Lieferung von Nahrungsmitteln bestehe, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegen würden. Es sei zu unterscheiden, ob sich ein Umsatz auf Lebensmittel „zum Mitnehmen” beziehe und daneben keine Dienstleistungen erbracht würden, die den Verzehr an Ort und Stelle in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalten sollten. Es komme darauf an, ob das Dienstleistungselement qualitativ überwiege. Im Streitfall sei entscheidend, dass nach vorliegenden Fotografien Stehtische aufgestellt worden seien, an denen die angebotenen Speisen verzehrt werden konnten. Ein Marktschirm habe vor Witterungseinflüssen geschützt, außerdem seien die Stehtische regelmäßig gereinigt worden. Insoweit würden die Stehtische und teilweise der Marktschirm eine - den Verhältnissen des Wochenmarktes angepasste - Essatmosphäre schaffen, die den Kunden eine Infrastruktur bereitstelle und den Raum zur Einnahme der angebotenen Speisen und Getränke ähnlich einer sozialen Tabuzone vom öffentlichen Verkehrsraum abgrenze. Diese Essatmosphäre gehe über die mit der Vermarktung der angebotenen Speisen notwendig verbundenen Dienstleistungen hinaus. Die Stehtische und die dadurch geschaffene, von dem übrigen Marktbetrieb zur Einnahme der Speisen abgegrenzte Zone stellten darüber hinaus einen entscheidenden Anreiz zum Verzehr an Ort und Stelle dar und seien nach Ansicht des Senats ausschlaggebend für die Motivation der Marktbesucher, die zum Verzehr an Ort und Stelle vom Kläger angebotenen Speisen zu erwerben und in diesem Bereich zu verzehren. Die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung der Restaurationsumsätze sei nicht zu beanstanden, denn der Kläger habe die verschiedenen Umsätze nicht - wie es nötig gewesen wäre - getrennt aufgezeichnet. Das Finanzamt habe sachgerecht die Zahl der im Laufe eines Markttages aufgrund tatsächlicher Beobachtungen verzehrten Fleischwurstportionen auf die Anzahl der Markttage hochgerechnet. Dies beinhalte zwar eine Schätzungsunschärfe, sei aber hinzunehmen, weil die anders lautenden Angaben des Klägers ebenfalls nur eine - eigene, nicht wahrscheinlichere - Schätzung darstellten würden. In Fällen, in denen keine Aufzeichnungen geführt worden seien, könnten eigene, erst lange Zeit später erstellte „Kalkulationen” des Steuerpflichtigen nicht geeignet sein, auch grobe Schätzungen der Finanzbehörden zu entkräften.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.05.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 07.05.2008
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