18.10.2024
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Urteil11.05.2021Finanzgericht Münster9 K 2274/19
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Finanzgericht Münster Urteil11.05.2021

Keine erweiterte Kürzung bei Vermietung von Wohnungen einer Senio­ren­re­sidenzFG geht von einheitlicher gewerblicher Tätigkeit aus

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass eine GmbH die erweiterte gewer­be­steu­erliche Kürzung nicht in Anspruch nehmen kann, wenn sie Wohnungen vermietet, deren Mieter im Rahmen eines einheitlichen Konzepts (Senio­ren­re­sidenz) Dienst­leistungs­verträge mit einer Schwester­gesellschaft abschließen.

Die Klägerin - eine GmbH - ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks, in dem sich Wohnungen, eine Arztpraxis, ein Friseursalon, eine Fußpflegepraxis, ein Ladenlokal und ein Café befinden. Die Wohnungen vermietet sie an Senioren. Die Mieter schließen mit einer GmbH & Co. KG, deren Gesell­schaf­ter­bestand mit dem der Klägerin identisch ist, Dienst­leis­tungs­verträge über die Reinigung der Wohnungen, Wäscheservice, Hausmeis­ter­dienst und Verpflegung ab. Die Verpflegung nehmen die Bewohner in dem auf dem Grundstück befindlichen Café ein, das die Klägerin der KG mit privat­schrift­lichen Kaufvertrag "übertragen" bzw. "abgetreten" hatte.

Finanzamt lehnte die beantragte erweiterte gewer­be­steu­erliche Kürzung ab

Das Finanzamt lehnte die von der Klägerin beantragte erweiterte gewer­be­steu­erliche Kürzung ab, da die Wohnungs­miet­verträge an die Abschlüsse der Dienst­leis­tungs­verträge gekoppelt seien. Hierfür spreche insbesondere, dass die Klägerin die Wohnungen auf ihrer Internetseite zusammen mit den von der KG erbrachten Zusatz­leis­tungen bewerbe. Zur Begründung ihrer Klage wandte die Klägerin ein, dass sie ausschließlich Vermie­tungs­leis­tungen und keine gewerblichen Leistungen erbringe.

FG: Vermietung dient Gewerbebetrieb der betei­li­gungs­i­den­tischen KG

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht Münster hat ausgeführt, dass zwar die grundsätzlichen Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung vorlägen, weil die Klägerin ausschließlich eigenen Grundbesitz vermiete. Es greife jedoch die Ausnah­me­re­gelung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ein, da die Vermietung dem Gewerbebetrieb der betei­li­gungs­i­den­tischen KG diene. Für ein "Dienen" im Sinne dieser Vorschrift reiche es aus, dass die Vermietung der KG allgemein von Nutzen sei.

FG geht vom Vorliegen einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit aus

Das Grundstück wäre ohne Zwischen­schaltung der Klägerin notwendiges Sonder­be­trie­bs­vermögen der Gesellschafter. Dies folge zwar nicht bereits daraus, dass die Klägerin der KG das Café überlassen habe, denn dadurch habe sie ihr wirtschaft­liches Eigentum an diesem Gebäudeteil an die KG übertragen. Für Gewer­be­steu­er­zwecke sei hierfür die Begründung zivil­recht­lichen Teileigentums nicht erforderlich. Allerdings diene der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb der Gesellschafter deshalb, weil die gewerbliche Erbringung der Service­leis­tungen durch die KG mit der Vermietung der Wohnungen untrennbar zusammenhinge und damit eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit vorliege.

Nur einheitliche Kündigung von Mietverträge und Dienst­leis­tungs­verträge möglich

Hierfür sprächen die Gesamtumstände. Die Mietverträge und die Dienst­leis­tungs­verträge würden den Bewohnern gleichzeitig vorgelegt und mit ihnen abgeschlossen und eine Kündigung sei nur einheitlich möglich. Die Preisaufteilung sei nicht fremdüblich, weil die Kaltmiete für die Wohnungen etwa das Doppelte der ortsüblichen Miete betrage, während das Entgelt für die Dienst­leis­tungen äußerst niedrig bemessen sei. Unüblich sei im Rahmen einer vermö­gens­ver­wal­tenden Wohnungs­ver­mietung auch, dass die Höhe der Kaltmiete von der Bewohnerzahl abhinge. Zudem stelle die Erbringung der Service­leis­tungen für die Bewohner einer Senio­ren­re­sidenz einen gewichtigen Vorteil dar. Schließlich spreche die Bewerbung der Wohnungs­ver­mie­tungen zusammen mit den Service­leis­tungen für eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit.

Revision beim BFH anhängig

Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 26/21 anhängig.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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