21.11.2024
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Finanzgericht Münster Urteil07.07.2020

Zurechnung des Kirchensteuer-Erstattungs­überhangs auch bei fehlender steuerlicher Auswirkung in früheren JahrenUngleich­be­handlung verfassungs­rechtlich unbedenklich und gerechtfertigt

Das Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass ein Kirchensteuer-Erstat­tungs­überhang auch insoweit dem Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG hinzuzurechnen ist, als sich die Kirchensteuer im Zahlungsjahr wegen eines negativen zu versteuernden Einkommens nicht ausgewirkt hat.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagten Kläger zahlten im Jahr 2014 hohe Kirchensteuern für 2013, die zu einem erheblichen Teil auf einen Veräu­ße­rungs­gewinn nach § 17 EStG entfielen. Für 2014 wirkten sich die Zahlungen nicht in vollem Umfang auf den Sonder­aus­ga­be­nabzug aus, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte niedriger war als die Kirchensteuern. Im Streitjahr 2015 waren die Erstattungen der in 2014 gezahlten Kirchensteuern höher als die in 2015 gezahlten Kirchensteuern. Den Erstat­tungs­überhang rechnete das Finanzamt nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.

Klage gegen Finanzamt erfolglos

Hiergegen wandten die Kläger ein, dass solche Kirchensteuern, die sich steuerlich nicht ausgewirkt hatten, nach dem Zweck des Gesetzes nicht hinzugerechnet werden dürften. Die Vorschrift sei insoweit teleologisch zu reduzieren, hilfsweise verfassungskonform auszulegen. Das Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen.

Keine Korrektur im Wege der teleologischen Reduktion möglich

Unstreitig liege ein nach dem Geset­zes­wortlaut hinzu­zu­rech­nender Kirchensteuer-Erstat­tungs­überhang vor. Eine Korrektur im Wege der teleologischen Reduktion komme nicht in Betracht. Das Gesetz verfolge den Zweck, den Steuervollzug dadurch zu vereinfachen, dass Steuer­fest­set­zungen für frühere Jahre nicht wieder aufgerollt werden. Von diesem Zweck sei es nicht gedeckt, dass zunächst geprüft werden müsse, ob sich die Kirchensteuern in früheren Jahren ausgewirkt haben oder nicht.

Ungleich­be­handlung verfas­sungs­rechtlich unbedenklich und hier gerechtfertigt

Verfas­sungs­rechtliche Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG bestünden ebenfalls nicht. Zwar liege im Streitfall eine Ungleichbehandlung der Kläger im Vergleich zu solchen Steuer­pflichtigen vor, die nur über regelmäßige, nicht stark schwankende Einkünfte verfügen. Diese Ungleich­be­handlung sei allerdings gerechtfertigt. Dies folge zum einen daraus, dass das Ausmaß der Benachteiligung dadurch abgemildert werde, dass die Kirchen­steu­er­zah­lungen im Jahr 2014 zu einer erheblichen Steuerersparnis, nämlich zur Festsetzung der Einkommensteuer auf ,- €, geführt hätten und dass die für das Streitjahr 2015 neu festgesetzten Kirchensteuern im Zahlungsjahr wieder als Sonderausgabe zu berücksichtigen seien. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Kirchen­steu­er­zah­lungen im Jahr 2014 auf einem nach dem Teilein­künf­te­ver­fahren teilweise steuerfreien Gewinn nach § 17 EStG beruhten.

Klägern hätte steuerliche Gestal­tungs­mög­lich­keiten nutzen können

Zudem hätten den Klägern steuerliche Gestal­tungs­mög­lich­keiten zur Verfügung gestanden, mit denen das belastende Ergebnis hätte verhindert oder zumindest abgemildert werden können, indem sie bereits im Jahr 2013 Kirchensteuer-Vorauszahlungen geleistet hätten. An die Recht­fer­ti­gungs­gründe seien keine hohen Anforderungen zu stellen, weil es sich bei § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG um eine zulässige Typisierung zur Vereinfachung des Steuervollzugs handele.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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