23.11.2024
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Finanzgericht Münster Urteil26.10.2022

Corona-Maßnahmen können zum Erlass von Zinsen führenFG Münster gibt Klage statt

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Nachzah­lungs­zinsen zu erlassen sind, soweit sie auf Steuer­nach­zah­lungen entfallen, für den nach einem BMF-Schreiben zu den Auswirkungen des Corona-Virus ein Anspruch auf zinsfreie Stundung bestanden hat.

Das Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger, einem Sportverein, im Mai 2020 die Körper­schaft­steuer für 2018 fest. Da sich aus dem Bescheid eine Nachzahlung ergab, setzte es zugleich Nachzahlungszinsen gemäß § 233 a AO für den Monat April 2020 fest. Der Verein beantragte die zinsfreie Stundung aller Zahlungs­ansprüche aus dem Körper­schaft­steu­er­be­scheid für 2018 und berief sich dabei auf das BMF-Schreiben vom 19. März 2020 über "Steuerliche Maßnahmen zur Berück­sich­tigung der Auswirkungen des Corona-Virus", weil der Geschäfts­betrieb des Klägers durch die Corona-Maßnahmen des Landes erheblich eingeschränkt sei. Dem folgte das Finanzamt und gewährte die zinslose Stundung der offenen Körper­schaft­steu­er­nach­zahlung. Zugleich beantragte der Kläger den Erlass der Nachzah­lungs­zinsen wegen sachlicher Unbilligkeit. Zur Begründung führte er aus, dass die Zinsen nicht entstanden wären, wenn das Finanzamt den Körper­schaft­steu­er­be­scheid vor dem 1. April 2020 erlassen hätte. Den Erlass der Zinsen lehnte das Finanzamt ab, weil der Kläger deren Entstehung durch Beantragung höherer Körper­schaft­steu­er­vor­aus­zah­lungen habe vermeiden können. Die Zinsen seien zudem nicht unmittelbar durch die Corona-Pandemie verursacht worden.

Keine Nachzah­lungs­zinsen bei gesetzlich gewährter Karenzzeit

Das Finanzgericht Münster hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben. Es hat das Finanzamt verpflichtet, den beantragten Erlass der Nachzah­lungs­zinsen zu gewähren. Das dem Finanzamt eingeräumte Ermessen sei insoweit auf Null reduziert. Die Erhebung der Nachzah­lungs­zinsen sei im konkreten Fall sachlich unbillig, weil der Kläger durch die verspätete Steuer­fest­setzung zweifelsfrei keinen Liqui­di­täts­vorteil erlangt und das Finanzamt keinen Liqui­di­täts­nachteil erlitten habe. Abstrakt sei die im Mai 2020 erfolgte Steuer­fest­setzung zwar geeignet, den Liqui­di­täts­vorteil auszulösen, den § 233 a AO abschöpfen wolle. Da der Kläger allerdings nach dem BMF-Schreiben vom 19. März 2020 unstreitig einen Anspruch auf zinsfreie Stundung der Körper­schaft­steu­er­nach­zahlung habe, sei nicht erkennbar, inwieweit er durch die verzögerte Steuer­fest­setzung einen zusätzlichen Liqui­di­täts­vorteil erlangt haben könnte. Der Hinweis des Finanzamts auf die Möglichkeit einer höheren Vorauszahlung greife nicht durch. Der Kläger sei berechtigt, die gesetzlich gewährte Karenzzeit von 15 Monaten auszunutzen. Im April 2020 sei zwar absehbar gewesen, dass es nicht mehr rechtzeitig zu einer Steuer­fest­setzung komme. Da die Corona-Pandemie zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits ausgebrochen war, erscheine es widersprüchlich, die offenen Steuer­nach­for­de­rungen zinsfrei zu stunden und andererseits vom Kläger eine Vermeidung von Zinsen durch höhere Vorauszahlungen zu verlangen.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/aw)

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