15.11.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil06.04.2006

Die Absicht Mieteinkünfte zu erzielen, liegt auch bei Kündigung des Mietvertrags noch vorSteuerliche Tätigkeit der Vermietung und Verpachtung auch ohne Einnahmen, bei Kündigung oder Zwangs­voll­stre­ckungs­maß­nahmen

Das Vorliegen einer Einkünf­teer­zie­lungs­absicht im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erweist sich in der Praxis der Finanz­ge­richts­barkeit als Dauerbrenner. Hierzu ist eine für den Steuer­pflichtigen günstige Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts ergangen.

Konkret ging es um die Frage, ob ein Steuer­pflichtiger die Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, schon allein dadurch aufgegeben hat, dass er über eine vermietete Eigen­tums­wohnung einen Kaufvertrag abgeschlossen sowie im zeitlichen Zusammenhang damit gegenüber den bisherigen Mietern wegen rückständiger Mietzahlungen die Kündigung des Mietvertrages und, nachdem er erfolgreich Räumungsklage erhoben hatte, die Zwangsräumung der Wohnung betrieben hat. Das Finanzamt hatte unter Hinweis auf diese äußeren Umstände den auf die Wohnung entfallenden Werbungs­kos­ten­über­schuss unberück­sichtigt gelassen, weil es davon ausging, dass der Kläger die Wohnung nicht weiter vermieten wollte.

Diese Schluss­fol­gerung hat das Hessische Finanzgericht nicht geteilt und die Auffassung vertreten, dass bis zum Tag der Zwangsräumung der Tatbestand der Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes -EStG-) erfüllt gewesen sei. Zur Begründung wird in der Entscheidung ausgeführt, dass eine steuerlich relevante Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung auch dann vorliegen könne, wenn dem Steuer­pflichtigen überhaupt kein Nutzungsentgelt, sei es in Form einer regulären Miete, sei es in Form einer Nutzungs­ent­schä­digung bzw. einer Schaden­s­er­satz­leistung, zufließe. Maßgebend sei allein der Umstand, dass der Steuer­pflichtige im Rahmen seiner Tätigkeit die Absicht verfolge, ein Nutzungsentgelt zu erhalten.

Im Streitfall habe dem Kläger gegenüber den Mietern für die Zeit nach Ablauf der Räumungsfrist bis zum Tag der Zwangsräumung ein Entschä­di­gungs­an­spruch aus § 546 a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zugestanden. Daneben habe er gemäß § 546 Abs. 2 i.V.m. § 571 Abs. 1 BGB Schadensersatz nach den allgemeinen schuld­recht­lichen Regeln verlangen können. Hätte er diese Entschädigungs- bzw. Schaden­s­er­satz­leis­tungen tatsächlich erhalten, wären sie als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen gewesen, sodass eine steuerlich relevante Tätigkeit im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG dann nicht zweifelhaft gewesen wäre. Allein durch den Umstand, dass keine entsprechenden Zahlungen geflossen seien, sei das Weiterbestehen der Einkünf­teer­zie­lungs­absicht weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht in Frage gestellt.

Der Kläger sei auch noch nach dem Ablauf der Räumungsfrist Träger von Rechten und Pflichten aus dem (gekündigten) Mietvertrag gewesen und habe erkennbar nicht auf seine Entgelts­ansprüche verzichtet. Dass er durch das vertragswidrige Verhalten der Mieter gezwungen worden sei, diesen auch nach Ablauf der Räumungsfrist die Wohnung zur Nutzung zu überlassen, sei unbeachtlich, da sich am wirtschaft­lichen Gehalt seines - nicht mehr aus dem Mietvertrag, sondern unmittelbar aus dem Gesetz (§ 546 a BGB) abzuleitenden - Entgelts­an­spruchs nichts geändert habe. Unerheblich sei auch, dass der Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung des Mietvertrages die Veräußerung der Wohnung betrieben habe. Maßgebend für die Annahme einer steuerlich relevanten Tätigkeit im Sinne des § 21 Abs.1 Nr. 1 EStG und damit für die Abziehbarkeit von Werbungskosten sei das Bestehen eines Mietver­hält­nisses. Solange das Mietverhältnis Bestand habe, sei in typisierender Betrachtung davon auszugehen, dass Aufwendungen, die bis dahin angefallen sind, der Einkünf­teer­zielung dienen und damit als Werbungskosten abziehbar sind. Die Rechts­be­zie­hungen zwischen dem Kläger und den Mietern hätten aber bis zur Zwangsräumung fortbestanden. Das Vertrags­ver­hältnis habe sich lediglich in ein gesetzliches Abwick­lungs­ver­hältnis gewandelt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Finanzgericht Hessen vom 01.08.2006

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