21.11.2024
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Dokument-Nr. 5895

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Beschluss02.04.2008Niedersächsisches Finanzgericht7 K 333/06
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Niedersächsisches Finanzgericht Beschluss02.04.2008

Mehrfach­be­lastung von Bauherren mit Grunderwerb- und Umsatzsteuer auf dem europäischen PrüfstandNieder­säch­sisches Finanzgericht ruft den Europäischen Gerichtshof an

Das Nieder­säch­sische Finanzgerichts hat den Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften um Vorab­ent­scheidung ersucht. Zu klären ist, ob die deutsche Mehrfach­be­lastung von Bauherren mit Grunderwerb- und Umsatzsteuer gegen das gemein­schafts­rechtliche Mehrfach­be­las­tungs­verbot verstößt. Die Vorlagefrage des NFG lautet: Verstößt die Erhebung der deutschen Grund­e­r­wer­b­steuer auf künftige Bauleistungen durch deren Einbeziehung in die grund­e­r­wer­b­steu­erliche Bemes­sungs­grundlage beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks (sog. einheitlicher Leistungs­ge­genstand bestehend aus Bauleistungen sowie Erwerb des Grund und Bodens) gegen das europäische Umsatzsteuer-Mehrfach­be­las­tungs­verbot des Art. 401 der Mehrwertsteuer-System­richtlinie, wenn die grund­e­r­wer­b­steu­erlich belasteten Bauleistungen zugleich als eigenständige Leistungen der deutschen Umsatzsteuer unterliegen?

Die Klägerin und ihr Ehemann beauftragten am 3. Dezember 2004 ein Bauunternehmen mit der Errichtung eines Einfa­mi­li­en­hauses zum Preis von 196.544 EUR. Im Bauvertrag wurde der genaue Bauort festgelegt. Einige Wochen später - mit Notarvertrag vom 20. Dezember 2004 - erwarben die Klägerin und ihr Ehemann von einer Grund­s­tücks­ge­sell­schaft den noch zu bebauenden Grund und Boden zum Kaufpreis von 73.870 EUR. Die Grund­s­tücks­ge­sell­schaft hatte dieses und andere Grundstücke mit Vertrag vom 22. Juni 2004 erworben. Dem Vertrag vom 22. Juni 2004 war ein Bebauungsplan für die Baugrundstücke beigefügt, in dem das von der Klägerin und ihrem Ehemann später beauftragte Bauunternehmen benannt war. Weil der Gesell­schaf­ter­ge­schäfts­führer des Bauunternehmens zugleich Beteiligter der Grund­s­tücks­ge­sell­schaft war, nahm das beklagte Finanzamt (FA) eine personelle Verflechtung sowie ein Zusammenwirken der beiden Unternehmen auf der Veräußererseite an und bezog die künftigen Baukosten in die Grund­e­r­wer­b­steuer-Bemes­sungs­grundlage mit ein. Die Grund­e­r­wer­b­steuer setzte das FA deshalb auf 9.464 EUR fest (3,5 % aus der Summe von 73.870 EUR und 196.544 EUR). Hiergegen richtet sich die Klage.

Zur Begründung bringt die Klägerin vor, die Grund­e­r­wer­b­steuer dürfe nach ihrem Verständnis nicht die Baukosten, sondern allein den Erwerb des Baugrundstücks - also den "Grunderwerb" - erfassen. Demgemäß dürfe die Grund­e­r­wer­b­steuer nur mit 3,5 % von 73.870 EUR, also 2.585 EUR festgesetzt werden.

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht neigt - entgegen der ständigen Rechtsprechung des 2. Senats des BFH (z.B. BFH-Urt. v. 27. Oktober 1999 - II R 17/99) dazu, dem Klagebegehren zu entsprechen. Er hat das anhängige Verfahren deshalb ausgesetzt und den EuGH angerufen: Da es sich bei den sowohl mit Umsatzsteuer als auch mit Grund­e­r­wer­b­steuer belasteten Bauleistungen zivilrechtlich gerade nicht um einen Grunderwerb handele, könne die Grund­e­r­wer­b­steuer auf die Bauleistungen ihrem Charakter nach eine zusätzliche sog. Sonder­um­satz­steuer darstellen. Die Erhebung der deutschen Grund­e­r­wer­b­steuer (3,5 %) wirke nämlich in diesen Fällen des sog. einheitlichen Leistungs­ge­gen­stands im Kern wie eine der Mehrwertsteuer (z.Zt. 19 %) vergleichbare sich auf den geschaffenen Mehrwert beziehende allgemeine Abgabe im Bereich der Errichtung von Gebäuden. Sie wirke damit wie eine zusätzliche Umsatzsteuer auf Bauleistungen. Gerade dies - so der 7. Senat des NFG - könne aber gegen gemein­schafts­rechtliche Gebot, Mehrfach­be­las­tungen mit Umsatzsteuer zu unterlassen, verstoßen. Ein Az. des EuGH liegt noch nicht vor.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Finanzgericht Niedersachsen vom 14.04.2008

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