23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.

Dokument-Nr. 28850

Drucken
ergänzende Informationen

Niedersächsisches Finanzgericht Urteil19.11.2019

Vorsitzende eines berufs­s­tän­dischen Versor­gungswerks unterliegen mit dieser Tätigkeit nicht der UmsatzsteuerTätigkeit ohne individuelle Verantwortung und ohne Haftungsrisiko stellt keine unter­neh­me­rische Tätigkeit dar

Das Nieder­säch­sischen Finanzgerichts hat - soweit ersichtlich - als erstes Finanzgericht unter Berück­sich­tigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Juni 2019 C-420/18 (DStR 2019, 1396) zur Steuerbarkeit der Einnahmen eines Ver­waltungs­rats­vorsitzenden Stellung genommen. Danach unterliegt die Tätigkeit nicht der Umsatzsteuer, wenn der Ver­waltungs­rats­vorsitzende weder im eigenen Namen nach außen auftritt noch gegenüber dem Versorgungswerk über die Befugnis verfügt, die für dessen Führung erforderlichen Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidung folgt der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, steht aber im Widerspruch zu er bisher von der Finanz­ver­waltung vertretenen Auffassung.

Im hier vorliegenden Fall war der Kläger, ein selbständiger Freiberufler, war Vorsitzender des Verwal­tungsrates eines berufs­s­tän­dischen Versor­gungswerks, das einer Berufskammer angehörte. Das Versorgungswerk wurde durch einen gewählten, nach der Satzung des Versor­gungswerks ehrenamtlichen Verwaltungsrat geführt. Der Verwaltungsrat wurde durch einen Vorsitzenden, den Kläger, geleitet. Die Entscheidungen des Verwaltungsrats wurden durch Abstimmung getroffen.

Finanzamt: Tätigkeit als Verwaltungsrat unterliegt der Umsatzsteuer

Nach einer Entschä­di­gungs­satzung des Verwal­tungswerks erhielt der Vorsitzende eine regelmäßige monatliche Aufwandsentschädigung sowie Fahrt­kos­te­n­ersatz und Sitzungsgelder. Das Finanzamt hielt die Tätigkeit des Klägers als Verwaltungsrat für umsatzsteuerbar und - wegen der Höhe seiner Bezüge auch im Lichte des § 4 Nr. 26 Umsatz­steu­er­gesetz - steuerpflichtig.

FG verneint Umsatz­steu­er­pflicht

Das Nieder­säch­sischen Finanzgericht hat demgegenüber unter Berück­sich­tigung des o.g., erst kurz vor der mündlichen Verhandlung über die Klage veröf­fent­lichten EuGH-Urteils entschieden, dass der Kläger mit seinen Einnahmen aus der Tätigkeit für das Versorgungswerk nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die Tätigkeit sei zwar wirtschaft­licher Natur, sie sei aber nicht im Sinne von Art. 9 Mehrwertsteuer-System­richtlinie (MwStSystRL) als selbständig anzusehen, da der Kläger erstens nicht im eigenen Namen nach außen auftrete, sondern nur das Versorgungswerk vertrete, und zweitens dem Versorgungswerk gegenüber nach dessen Satzung keine individuelle Verantwortung und kein Haftungsrisiko trage. Der Kläger sei auch nicht deshalb unternehmerisch tätig, weil er Fahrt­kos­te­n­ersatz und Sitzungsgelder bezogen habe. Die Anberaumung von Sitzungen habe nicht ihm oblegen, die Beträge seien nicht hoch gewesen.

Revision zugelassen

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht hat in der Sache die Revision zugelassen. Diese wurde zwischen­zeitlich eingelegt. Das Aktenzeichen des Bundes­fi­nanzhofs lautet V R 6/20.

Hinweis des Gerichts: Der BFH hat in diesem Zusammenhang mit Urteil vom 27.11.2019 (V R 23/19) entschieden, dass der dortige Kläger mit seiner Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrates nicht der Umsatzsteuer unterlag, weil er lediglich eine feste Vergütung bezog. Der BFH hat in jenem Urteil ausdrücklich offen gelassen, wie über Fälle zu entscheiden ist, in denen über eine Festvergütung hinaus weitere Einnahmen erzielt werden. Insofern leiste das Urteil des Finanzgerichts einen aktuellen Beitrag zur Abgrenzung der nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Aufsichts- und Verwal­tungs­rat­stä­tig­keiten von den weiterhin unter­neh­me­rischen und daher steuer­pflichtigen Tätigkeiten.

Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, ra-online (pm/ab)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil28850

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI