15.11.2024
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Urteil23.01.2006Niedersächsisches Finanzgericht16 K 12/04
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Niedersächsisches Finanzgericht Urteil23.01.2006

Auch Ausländer ohne Aufent­halts­be­rech­tigung oder -erlaubnis erhalten Kindergeld

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht hatte in einer Entscheidung darüber zu befinden, ob einem Ausländer, der weder über eine Aufent­halts­be­rech­tigung, noch eine Aufent­halt­s­er­laubnis verfügte, für seine drei Kinder Kindergeld zusteht.

Nach § 62 Abs. 2 EStG in der für 1996 - 2004 geltenden Fassung hat ein Ausländer grds. nur dann einen Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufent­halts­be­rech­tigung oder Aufent­halt­s­er­laubnis ist. Einen entsprechenden Aufent­halt­stitel besaß der Kläger im Streitfall nicht. Es lag in seiner Person lediglich ein Abschie­bungs­hin­dernis aus humanitären Gründen nach § 53 Abs. 4 AuslG vor.

Das Gericht hat dem Klagebegehren gleichwohl entsprochen.

Hintergrund dafür war eine Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts aus dem Jahr 2004: Dieses hatte darin die dem § 62 Abs. 2 EStG entsprechende Vorgän­ger­vor­schrift in § 1 Abs. 3 Bundes­kin­der­geld­gesetz für mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz unvereinbar erklärt. Durch diese Vorschrift würden - so das Bundes­ver­fas­sungs­gericht - willkürlich einzelne Eltern aus dem Kreis der Kinder­geld­be­rech­tigten ausgeschlossen.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hatte dem Gesetzgeber gleichzeitig eine Frist bis zum 01.01.2006 gesetzt, eine verfas­sungs­gemäße Neuregelung zu treffen. Sollte der Gesetzgeber innerhalb dieser Frist nicht tätig werden, komme das bis zum 31.12.1993 geltende Recht wieder zur Anwendung. Danach bestand ein Kinder­geldan­spruch, wenn der Ausländer nach §§ 51,53 und 54 AuslG auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden konnte und sich mindestens für ein Jahr ununterbrochen in Deutschland aufhielt.

Der Gesetzgeber hat auf die Fristsetzung des Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht reagiert.

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass § 62 Abs. 2 EStG aus den gleichen Gründen wie § 1 Abs. 3 BKGG gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Unter Übertragung der Entscheidung des BVerfG auf die kinder­geld­recht­lichen Vorschriften des EStG legt es § 62 Abs. 2 EStG verfas­sungs­konform dahingehend aus, dass der Kinder­geldan­spruch nur dann ausgeschlossen ist, wenn kein Abschie­bungs­hin­dernis nach §§ 51,53 oder 54 AuslG besteht oder der Ausländer sich nicht mindestens ein Jahr in Deutschland aufhält.

Quelle: Pressemitteilung des Nds. FG vom 14.02.2006

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