Dokument-Nr. 2203
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Finanzgericht Hamburg Beschluss03.04.2006
Rückwirkende Tabaksteuererhöhung auf vorportionierten Feinschnitt verfassungsgemäß?
Das Finanzgericht Hamburg hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der auf vorportionierten Feinschnitt erhobenen Nachsteuer geäußert.
Vorportionierter Feinschnitt - sog. Feinschnittzigaretten oder auch Sticks genannt - gelten als moderne Variante des klassischen Drehtabaks. Um ein rauchfertiges Produkt zu erhalten, wird eine vorgefertigte Rolle aus Feinschnitt-Tabak, die so aber nicht rauchbar ist, mit Hilfe eines Stabes in eine vorgefertigte Papierhülse geschoben. Tabak-Sticks wurden bislang in Deutschland deutlich niedriger besteuert als die Fertig-Zigarette.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und anderer Verbrauchsteuergesetze vom 23.12.2003 hatte der Bundesgesetzgeber eine stufenweise Erhöhung die Tabaksteuer für Zigaretten, Zigarren, Zigarillos, Feinschnitt und Pfeifentabak beschlossen, und zwar zuletzt zum 01.09.2005. Außerdem hatte der Bundesgesetzgeber das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Sicherung des Tabaksteueraufkommens für Zigaretten und Feinschnitt eine Nachsteuer in Höhe des Belastungsunterschieds festzusetzen, der sich aus der Differenz des vor und nach dem Erhöhungstermin geltenden Steuertarifs ergibt. Mit einer solchen Nachsteuer soll verhindert werden, dass Hersteller und Handel durch eine übermäßige Bevorratung mit niedrigversteuerter Ware den Steuererhöhungstermin faktisch hinausschieben.
Im Zuge der Tabaksteuererhöhung zum 01.09.2005 führte der Steueraufsichtsdienst der Zollverwaltung in den ersten beiden Septemberwochen 2005 in den Auslieferungslagern der Hersteller sowie im Groß- und Einzelhandel stichprobenweise eine Bestandsermittlung an alt- (bis zum 31.08.2005) und neuversteuerten (ab dem 01.09.2005) Zigaretten und Feinschnitt durch. Bei dieser Bestandsermittlung wurden beim vorportionierten Feinschnitt im Gegensatz zur Zigarette weit überwiegend altversteuerte Bestände festgestellt. Diese Ergebnisse der Bestandsermittlung nahm der Bundesminister der Finanzen zum Anlass, durch Rechtsverordnung (Verordnung zur Erhebung einer Nachsteuer auf vorportionierten Feinschnitt vom 16.11.2005, im Folgenden: Nachsteuer-Verordnung) rückwirkend zum 01.09.2005 eine Nachsteuer auf vorportionierten Feinschnitt zu erheben. Diese Nachsteuer betrifft alle Feinschnittzigaretten und Sticks, die nach dem bis zum 31.08.2005 geltenden niedrigeren Steuertarif versteuert worden sind und am 01.09.2005 im Besitz der Hersteller, Groß- und Einzelhändler waren.
In seinem Beschluss hat das Gericht Zweifel geäußert, ob die Nachsteuer-Verordnung auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage beruht. Das Finanzgericht Hamburg, das von einem Zigarettenhersteller angerufen worden ist, hat deshalb in einem Eilverfahren entschieden, dass die den Zigarettenhersteller betreffende Tabaksteueranmeldung von knapp 900.000,-- € nicht vollstreckt werden darf.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.05.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 02/06 des FG Hamburg vom 06.04.2006
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