18.10.2024
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Finanzgericht Hamburg Beschluss24.11.2022

Finanzgericht Hamburg legt Neuregelung der Tonnagesteuer dem BVerfG vorIst die rückwirkende Neuregelung verfas­sungs­widrig?

Das Finanzgericht Hamburg hat das Bundes­verfassungs­gericht (BVerfG) zu der Frage angerufen, ob § 52 Abs. 10 Satz 4 des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG) in der Fassung des Abzug­steuer­entlastungs­modernisierungs­gesetzes (AbzStEntModG) vom 2. Juni 2021 (BGBl. I. 2021, 1259) insoweit verfas­sungs­widrig ist, als darin die rückwirkende Anwendung des § 5 a Abs. 4 Sätze 5 bis 7 EStG in der Fassung des AbzStEntModG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1998 beginnen, angeordnet wird.

Hintergrund der Vorlage ist eine mit dem AbzStEntModG rückwirkend ab Einführung der sog. Tonnagesteuer (§ 5 a EStG) im Jahr 1999 in Kraft getretene Neuregelung, die den sog. Unter­schieds­betrag betrifft. Ein solcher Betrag wird bei der erstmaligen Anwendung der pauschalen Gewin­n­er­mittlung nach der Tonnage vom Finanzamt für jedes dem Schiffsbetrieb unmittelbar dienende Wirtschaftsgut und für jeden Mitunternehmer gesondert festgestellt. Damit werden die sich in den Wirtschafts­gütern (im Wesentlichen das Schiff) vor dem Wechsel zur sog. Tonnagebesteuerung angesammelten stillen Reserven als Besteu­e­rungs­substrat festgehalten.

BFH entscheidet entgegen der Auffassung der Finanz­ver­waltung

Diese müssen unter anderem dann versteuert werden, wenn ein Mitunternehmer aus der Gesellschaft ausscheidet (§ 5 a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ab 2019 in ständiger Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Finanz­ver­waltung entschieden, dass der Begriff des Ausscheidens weit zu verstehen ist und auch unentgeltliche Übertragungen im Wege der Schenkung oder eines Erbfalles umfasst (BFH, Urteil vom 28. November 2019, IV R 28/19, BFH/NV 2020, 412).

Gesetzgeber stellt bisherige Verwal­tungs­auf­fassung wieder her

Der Gesetzgeber hat auf diese Rechtsprechung reagiert. Durch § 5 a Abs. 4 Sätze 5 bis 7 EStG in Verbindung mit § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG wird rückwirkend ab Einführung der Tonnagesteuer geregelt, dass bei Übertragungen eines Mitun­ter­neh­me­ranteils zum Buchwert nach § 6 Abs. 3 EStG - und damit unentgeltlich - der Unter­schieds­betrag auf den Rechts­nach­folger übergeht. Es kommt also zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht zur Besteuerung der im (fortgeführten) Unter-schiedsbetrag enthaltenen stillen Reserven. Damit wurde die bisherige Verwal­tungs­auf­fassung wieder­her­ge­stellt.

FG geht von Verstoß gegen Grundsätze des Vertrau­ens­schutzes aus

Der Streitfall betrifft die Schenkung eines Mitun­ter­neh­me­ranteils im Jahr 2005 und ist damit von der rückwirkenden Neuregelung betroffen. Der vorlegende Senat ist davon überzeugt, dass diese Rückwirkung gegen die verfas­sungs­recht­lichen Grundsätze des Vertrau­ens­schutzes (Art. 20. Abs. 3 Grundgesetzes) verstößt und deshalb verfassungswidrig ist.

Quelle: Finanzgericht Hamburg, ra-online (pm/ab)

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