18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.
ergänzende Informationen

Finanzgericht Hamburg Urteil03.05.2011

FG Hamburg: Zu niedrig berechnete Einfuhrabgaben beim Zoll können nicht nachberechnet werdenBürger muss nicht schlauer sein, als der Zoll

Berechnet der Zoll zu niedrige Einfuhrabgaben, kann dieser Fehler nicht dahingehend korrigiert werden, dass er im nachhinein weitere Einfuhrabgaben verlangt und den Bürger darauf hinweist, dass dieser durch schlichtes Nachlesen der einschlägigen Geset­zes­vor­schriften den Fehler bei der Berechnung der Einfuhrabgaben hätte bemerken können. Der Bürger ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, sich in den zollrechtlichen Bestimmungen besser auszukennen als der Zoll selbst. Dies geht aus einer Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger über das Internet einen Blu-ray-Player zum Preis von rund 500 Euro bestellt. Bei Abholung des Gerätes beim Zollamt meldete er die Einfuhr ordnungsgemäß an. Der diensthabende Zollbeamte besprach sich mit einem Kollegen, gab die Daten in das EDV-System ein und setze gegenüber dem Kläger in einem mehrseitigen Einfuhr­ab­ga­ben­be­scheid Abgaben in Höhe von 88,68 Euro fest. Der Kläger zahlte diesen Betrag und verließ das Zollamt mit seinem Blu-ray-Player. Erst jetzt bemerkten die Zollbeamten, dass ihnen bei der Eingabe der Daten in das EDV-System ein Fehler unterlaufen war und dass sie gegenüber dem Kläger zu geringe Einfuhrabgaben berechnet hatten. Das Zollamt erhob deshalb vom Kläger Einfuhrabgaben in Höhe von weiteren 77,21 Euro nach und führte zur Begründung aus, dass der Kläger durch schlichtes Nachlesen der einschlägigen Geset­zes­vor­schriften diesen Fehler bei der Berechnung der Einfuhrabgaben hätte bemerken können; auf Vertrau­ens­schutz könne er sich deshalb nicht berufen.

Bürger muss sich in einer nur etwa 15 Minuten dauernden Zollabfertigung nicht selbstständig über die zutreffende Höhe der Einfuhrabgaben informieren

Der in zollrechtlichen Angelegenheiten unbeholfene Kläger wandte sich hilfesuchend an das Finanzgericht Hamburg, das seiner Klage stattgab. Das Finanzgericht Hamburg führte in seinem Urteil aus, dass der Kläger darauf habe vertrauen dürfen, dass die Zollbeamten über die erforderliche Sachkunde verfügen würden. Es sei lebensfremd und vom Kläger nicht zu verlangen, sich während der nur etwa 15 Minuten dauernden Zollabfertigung über die zutreffende Höhe der Einfuhrabgaben zu informieren. Abgesehen davon, dass die zollrechtlichen Bestimmungen dem Kläger im Zeitpunkt der Zollabfertigung nicht zur Verfügung gestanden hätten, könne vom Bürger nicht erwartet werde, dass er sich in den zollrechtlichen Bestimmungen, die nicht nur unübersichtlich und schwer verständlich seien, sondern jedes Jahr auch mehrere Tausend Seiten umfassten, besser auskenne als der Zoll. Dies aufzuschreiben war dem Gericht zudem so wichtig, dass es bereits sechs Wochen nach Klageerhebung sein Urteil fällte.

Quelle: Finanzgericht Hamburg/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil11680

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI